Wladimir Putin kann auf­atmen: Fürs Erste werden die Universitäten Frankfurt, Darmstadt und Kassel ihre kreative Potenz nicht in den Dienst der Zeitenwende stellen. Die Zivilklauseln, die sich diese Hochschulen gegeben haben und denen zufolge ihre Forschung nur friedlichen Zwecken dienen darf, bleiben bis auf Weiteres unangetastet.

Im Ernst: Für den Ausgang des Ukra­inekriegs ist es egal, ob einige deutsche Unis ihren Professoren Projekte mit militärischem Zweitnutzen erlauben oder nicht. Trotzdem sind die Selbstbeschränkungen, die sich etliche Hochschulen auferlegt haben, ein Ärgernis: Sie zeugen von Weltfremdheit, und überflüssig sind sie obendrein. Mit solchen Restriktionen wird unnötig in die Forschungsfreiheit eingegriffen, denn es gibt auch so genügend Kontrollinstanzen, die verhindern, dass Uni-Labore zu Waffenschmieden umfunktioniert werden.

Aus den Zivilklauseln spricht im Übrigen nicht nur die Sehnsucht nach einer waffenfreien Welt, für die sich zumindest Verständnis aufbringen lässt. Sie zeugen auch vom noch immer gestörten Verhältnis eines Teils der Linken zu Organen des demokratischen Staats, in diesem Fall der Bundeswehr.

Dass ein Land berechtigte Interessen im Notfall auch militärisch zu wahren hat, dass für die Verteidigung Geld ausgegeben und Forscherehrgeiz aufgewandt wird, das alles sind für diese Pazifistenspezies unerträgliche Vorstellungen.

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Sie sehen darin nur Manifestationen von „Militarismus“ oder „Imperialismus“, hinter welchen sich das Erzübel des (west­lichen) Kapitalismus verbirgt. Wo dieser bekämpft zu werden scheint, finden die vermeintlichen Friedensfreunde den Einsatz von Waffen mitunter gar nicht mehr so schlimm.

Viele rot-grüne Politiker haben die Abwegigkeit dieses Denkens inzwischen erkannt. Doch bevor sich auch in den selbst ernannten Zukunfts­fabriken die bessere Einsicht durchsetzt und die Zivilklauseln endlich der Historie überantwortet werden, müssen Putin und andere Leute seines Schlags der Welt wohl noch einige grausame Lektionen erteilen.

QOSHE - Zivilklauseln sind weltfremd und überflüssig - Sascha Zoske
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Zivilklauseln sind weltfremd und überflüssig

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01.04.2024

Wladimir Putin kann auf­atmen: Fürs Erste werden die Universitäten Frankfurt, Darmstadt und Kassel ihre kreative Potenz nicht in den Dienst der Zeitenwende stellen. Die Zivilklauseln, die sich diese Hochschulen gegeben haben und denen zufolge ihre Forschung nur friedlichen Zwecken dienen darf, bleiben bis auf Weiteres unangetastet.

Im Ernst: Für den Ausgang des Ukra­inekriegs ist es egal, ob einige deutsche Unis ihren Professoren Projekte mit militärischem Zweitnutzen erlauben oder nicht. Trotzdem sind die Selbstbeschränkungen, die sich etliche Hochschulen........

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