Die Tinte unter dem neuen Tarifvertrag mit der Deutschen Bahn war noch nicht trocken, da arbeitete sich GDL-Chef Claus Weselsky schon an ganz anderen Dingen ab. In mehreren von einer professionellen Filmpro­duktionsgesellschaft hergestellten Kurz­videos pries er die Lokführergewerkschaft als eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte. Diese Werbeshow verband der 65-Jährige allerdings mit einer deftigen Attacke – und zwar nicht wie üblich auf den Arbeitgeber. Sein Ziel waren die Arbeitnehmer, in erster Linie jene Bahnbeschäftigte, die er als „Trittbrettfahrer“ ausgemacht hat, weil sie sich den Gewerkschaftsbeitrag sparen und trotzdem vom GDL- ­Tarif profitieren. „Sie sollten sich schämen“, poltert Weselsky in dem kleinen Film mit dem schönen Titel „Solidarität“.

Solidarität ist ein großes Wort, das sich vielfältig auslegen lässt. Für Weselsky bedeutet es vor allem: Solidarität mit ihm selbst. Wer nicht für ihn ist, ist gegen ihn und seine Organisation. „Ihr wisst ganz genau, welche der beiden Eisenbahner-Gewerkschaften die richtige ist“, droht er in die Kamera. Klar: Gemeint ist die eigene kleine GDL und nicht etwa die EVG, der große und verhasste Konkurrent. Viel ist in diesen Tagen von einer Spaltung der Gesellschaft die Rede. Weselsky betreibt eine Spaltung der Arbeitnehmerschaft. Das schadet letztlich den Interessen aller Beschäftigten.

QOSHE - Attacke auf die Eisenbahner - Thiemo Heeg
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Attacke auf die Eisenbahner

14 6
28.03.2024

Die Tinte unter dem neuen Tarifvertrag mit der Deutschen Bahn war noch nicht trocken, da arbeitete sich GDL-Chef Claus Weselsky schon an ganz anderen Dingen ab. In mehreren von einer professionellen Filmpro­duktionsgesellschaft hergestellten Kurz­videos pries er die Lokführergewerkschaft als eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte.........

© Frankfurter Allgemeine


Get it on Google Play