Um das Gefühl des Abgehängtseins nachempfinden zu können, muss niemand aus Hessen in eines der zum Teil verlassenen Dörfer in Mecklenburg-Vorpommern reisen. Es genügt der Versuch, am Wochenende von Gießen oder Frankfurt aus mit Bus oder Bahn in die östliche Wetterau zu gelangen. In Kefenrod zum Beispiel fährt dann kein Bus. In Gedern dient der alte Bahnhof anderen Zwecken.

Auf der Trasse der ehemaligen Niddertalbahn können sich Radler und Skater den Wind um die Nase wehen lassen. Denn dort verläuft längst der Vulkanradweg. Das ist ohne Frage erfreulich im Sinne eines sanften Tourismus in der Region. Vor allem aber zeugt es von der dringenden Notwendigkeit, etwas für den öffentlichen Verkehr in dieser Teilregion zu unternehmen. Diesem Ziel soll ein Mobilitätskonzept dienen. Zur Landesgartenschau 2027 muss es verwirklicht sein, um seinen Zweck zu erfüllen. Dafür sind etwa 16 Millionen Euro notwendig – den Löwenanteil hatten sich die elf hinter der Schau stehenden Städte und Gemeinden und die Wirtschaftsförderung der Wetterau vom Bund versprochen.

Das von der CDU im Bundestag erstrittene Verfassungsgerichtsurteil, nach dem während der Corona-Zeit nicht benötigte Hilfsgelder anders als von der Bundesregierung geplant nicht für den Klimaschutz aufgewendet werden dürfen, macht einen Strich durch die Rechnung. Denn nun mangelt es dem Bund an Fördermitteln.

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Das ändert aber nichts an der Notwendigkeit, zur Gartenschau mit zwei neuen Buslinien, Shuttles für Nebenstrecken und E-Bike-Stationen aufzuwarten. Schließlich sollen die Besucher nicht allein auf ihr Auto angewiesen sein. Und für die Bewohner am Ort gilt wahrscheinlich ohnehin, dass sie nicht gerne Blechlawinen von auswärts vor der Nase haben.

Das Mobilitätskonzept zielt aber nicht nur auf die Landesgartenschau, es ist als Regionalförderung gedacht. Es soll ländliche Mobilität nachhaltig machen in einer Gegend, in der weit mehr ein eigenes Auto brauchen als in den wohlhabenderen Teilen der Wetterau. Das sollte dem Land mehr wert sein als die in Rede stehenden 3,5 Millionen Euro. Zumal sie nur der Planung dienen. Das Land muss ein Mehrfaches aufwenden. Gegen das Gefühl des Abgehängtseins.

QOSHE - Hessen muss mehr tun gegen Abgehängtsein - Thorsten Winter
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Hessen muss mehr tun gegen Abgehängtsein

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25.02.2024

Um das Gefühl des Abgehängtseins nachempfinden zu können, muss niemand aus Hessen in eines der zum Teil verlassenen Dörfer in Mecklenburg-Vorpommern reisen. Es genügt der Versuch, am Wochenende von Gießen oder Frankfurt aus mit Bus oder Bahn in die östliche Wetterau zu gelangen. In Kefenrod zum Beispiel fährt dann kein Bus. In Gedern dient der alte Bahnhof anderen Zwecken.

Auf der Trasse der ehemaligen Niddertalbahn können sich Radler und Skater den Wind um die Nase wehen lassen. Denn dort verläuft längst der Vulkanradweg. Das ist ohne Frage erfreulich im Sinne eines sanften Tourismus in der........

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