Im ländlichen Raum ist das so Sitte: Ein Dorf hat sein eigenes „Blättche’“ – ein von der Gemeinde herausgegebenes oder gesteuertes Mitteilungsblatt mit Nachrichten und Terminen aus Rathaus, Kirchen und Vereinen am Ort. Kleine Berichte von Veranstaltungen inklusive. Doch wer leistet sich noch solch ein Heft, auch wenn es nicht viel kostet? Wer unter 30 ist, dürfte es höchstens aus dem Haushalt der Großeltern kennen. Eine Folge davon ist jedoch ein verbreiteter Mangel an Informationen über Angebote und Veranstaltungen am jeweiligen Ort, zumal die Dorfkneipe für viele auch keine Info-Börse mehr ist – sofern sie überhaupt noch existiert.

Im Falle der Mitteilungsblätter verhält es sich wie mit anderen Druckwerken: Papier nehmen immer weniger Menschen in die Hand, das mobile Endgerät ist im Gegenzug allgegenwärtig. Insofern scheint die in ganz Deutschland an verschiedenen Orten verfügbare Dorffunk-App, die weiter ausgerollt wird, eine gute Idee zu sein. Ihre Vorteile liegen auf der Hand. Einer ist, dass sie vieles auf sich vereint, was Handynutzern ohnehin vertraut ist.

Die Funktionen „Biete“ und „Suche“ sind von kommerziellen Apps her vertraut, über die Nutzer etwas kaufen oder verkaufen, Plaudergruppen durch Social Media und Nachrichtenkanäle mit Fotos ebenso. Insofern hat der Ortsvorsteher von Bauernheim, einem der Orte, in denen das digitale Angebot getestet wird, recht, wenn er Dorffunk als Ebay, Facebook und Instagram in einem bezeichnet.

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Der besondere Vorteil liegt in der Übersichtlichkeit der App. Und das in mehrfacher Hinsicht: Erstens ist sie gut gegliedert und bezieht sich zweitens zunächst auf einen klar abgegrenzten Raum: das eigene Dorf. Wer mag, kann die Empfangsstärke steigern und andere Dorffunk-Orte hinzunehmen.

Im Vergleich zum Mitteilungsblatt alter Prägung kommt noch ein Vorteil der App hinzu: Der Nutzer hat sie ohne weiteren Aufwand griffbereit, denn das Handy trägt er ohnehin mit sich. So kann es nicht verwundern, dass nur wenige Wochen nach Inbetriebnahme in dem kleinen Friedberger Stadtteil schon etwa die Hälfte der Haushalte über das digitale „Blättche’“ verfügt.

QOSHE - Mehr als ein digitales Nachrichtenblatt - Thorsten Winter
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Mehr als ein digitales Nachrichtenblatt

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22.01.2024

Im ländlichen Raum ist das so Sitte: Ein Dorf hat sein eigenes „Blättche’“ – ein von der Gemeinde herausgegebenes oder gesteuertes Mitteilungsblatt mit Nachrichten und Terminen aus Rathaus, Kirchen und Vereinen am Ort. Kleine Berichte von Veranstaltungen inklusive. Doch wer leistet sich noch solch ein Heft, auch wenn es nicht viel kostet? Wer unter 30 ist, dürfte es höchstens aus dem Haushalt der Großeltern kennen. Eine Folge davon ist jedoch ein verbreiteter Mangel an Informationen über Angebote und Veranstaltungen am jeweiligen Ort, zumal die Dorfkneipe für viele auch keine Info-Börse........

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