Weshalb leistet sich eine Industrie- und Handelskammer in Hessen eine Willkommenslotsin? Eine Stelle mit dem Ziel, möglichst viele Flüchtlinge und Zuwanderer in Ausbildung oder Arbeit zu vermitteln? Diese Frage liegt nicht fern. Schließlich sollen Arbeitsagenturen und Jobcenter genau das leisten: arbeitslose Menschen in Lohn und Brot bringen. Doch jeden Monat zeigt die Arbeitslosenstatistik: Die Behörden schaffen es nicht allein.
Die Gründe sind vielfältig. Dass ein Arbeitsloser mit seiner Vorbildung nicht die Anforderungen einer Stelle erfüllt, ist einer davon. Dann gibt es Fälle wie jenen von Berivan Moslem. Sie wäre heute nicht die Willkommenslotsin der IHK Gießen-Friedberg, hätte sie sich dem phantasielosen Rat eines Beraters einer Arbeitsagentur im Südwesten Deutschlands gebeugt. Weil sie nach der Ausreise aus Syrien keine Zeugnisse vorlegen konnte, lautete die nüchterne Botschaft: Sie werden hierzulande nicht viel erreichen. Dass sie von der IHK Konstanz dann einen guten Rat bekam, war dem Zufall geschuldet. Die mittelhessische IHK will dagegen nichts dem Zufall überlassen. Ihre Willkommenslotsin gehört zu einem Trio. Eine Stelle davon zielt auf passgenaue Stellenbesetzung, und die andere widmet sich der Inklusion von Menschen mit Handicaps in den Betriebsalltag.
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Dieser Service hat etwas für sich. Die Willkommenslotsin kann mit ihrer Biographie überzeugen. Zum einen kommt sie aus einem vom Krieg gezeichneten Land und hat sich hierzulande neu zurechtfinden müssen – sie begegnet Flüchtlingen mithin auf Augenhöhe. Zum anderen ließ sie sich nicht entmutigen und kann anderen deshalb Mut machen.
Das gilt auch und gerade für Firmen, die den mit der Einstellung von Flüchtlingen verbundenen Aufwand bisher scheuen und denen deshalb Talente entgehen. Doch braucht die Wirtschaft auch Zuwanderer, und Zuwanderer brauchen Arbeit.