Von Turbulenzen in der Luftfahrt zu sprechen, mag abgedroschen klingen. Doch der Bund beschert der Branche gerade sehr turbulente Zeiten. Erst kursiert die Idee für eine Kerosinsteuer auf Inlandsflügen, dann wird sie verworfen, dann soll die Luftverkehrsteuer deutlich erhöht werden – alles binnen weniger Tage.

In Cockpits gilt: Hektische, beinahe panische Reaktionen können in Notlagen zur Katastrophe führen. Für die Luftfahrtpolitik soll das offenbar nicht gelten. Um Etatlöcher zu stopfen, opfert der Bund die politische Verlässlichkeit.

Die Kerosinsteuer war schlecht durchdacht. Man hätte sie Lufthansa-Steuer nennen können. Der Konzern hätte die Last fast allein tragen müssen, während Konkurrenten im Ausland applaudieren. Solch eine Steuer täuscht Klimaschutz nur vor: National sinken Emissionen, international ändert sich nichts, heimischen Unternehmen bleibt der Schaden. Rund um die EU-Beimischregeln für teurere Kerosinalternativen wurden solche Risiken über Jahre diskutiert. Hat das in Berlin niemand mitbekommen?

In Deutschland fehlt ein Konsens, welche Bedeutung die Vernetzung mit Flügen als Standortfaktor haben soll. Für Lufthansa führt das zu einer Zerreißprobe. Die eine Seite fordert weniger Inlandsflüge. Die andere Seite – vornehmlich Länder – beschwert sich, der Konzern hänge mit einem zu kleinen Angebot Regionen ab. In Parteien werden beide Positionen vertreten.

Ein klarer Kurs fehlt. Vor dem Jahreswechsel wissen Airlines nicht, wie viel der Fiskus 2024 kassieren will – für Tickets, die schon verkauft werden. Gerade wurde das Sinken der Luftverkehrsteuer verkündet, zwei Wochen später soll sie steigen. Das ist kein Ausrutscher.

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Der Bund fand nichts dabei, eine Woche vor Weihnachten den Bundesrat zu bitten, um bis zu 50 Prozent höhere Gebühren für Sicherheitskontrollen zum 1. Februar freizugeben. Die Länder spielten nicht mit, der Aufschlag darf erst 2025 kommen. Das erfreut Airlines auch nicht, bringt aber etwas Verlässlichkeit zurück.

Der Steuerwirrwarr zeigt: Es geht nicht um Klimaschutz, sondern um Haushaltslöcher. Übrigens: 2010 entstand die Luftverkehrsteuer als Teil eines Sanierungspakets für den Bund.

QOSHE - Vom klaren Kurs abgekommen - Timo Kotowski
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Vom klaren Kurs abgekommen

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21.12.2023

Von Turbulenzen in der Luftfahrt zu sprechen, mag abgedroschen klingen. Doch der Bund beschert der Branche gerade sehr turbulente Zeiten. Erst kursiert die Idee für eine Kerosinsteuer auf Inlandsflügen, dann wird sie verworfen, dann soll die Luftverkehrsteuer deutlich erhöht werden – alles binnen weniger Tage.

In Cockpits gilt: Hektische, beinahe panische Reaktionen können in Notlagen zur Katastrophe führen. Für die Luftfahrtpolitik soll das offenbar nicht gelten. Um Etatlöcher zu stopfen, opfert der Bund die politische Verlässlichkeit.

Die Kerosinsteuer war schlecht durchdacht. Man hätte sie........

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