Schon gut zwei Wochen nachdem das neue EU-Digitalgesetz (Digital Markets Act, DMA) in Kraft getreten ist, schlägt die EU-Kommission in gleich fünf Verfahren gegen drei amerikanische Digitalgiganten los. Mit dem neuen Gesetz glaubt die EU endlich einen Hebel gegen marktbeherrschende „Torwächter“ zu haben, der diesen bestimmte Verhaltensweisen von vornherein verbietet. Apple, Google und Facebook sollen nach dem Kommissionsurteil dagegen verstoßen.

Binnenmarktkommissar Thierry Breton hat schon recht, wenn er sagt, dass weder das Tempo noch die Zahl der Verfahren überraschen könnten. Schließlich hat die Kommission die praktische DMA-Anwendung lange genug vorbereitet und mit den Unternehmen vorab darüber diskutiert.

Die Behörde hat zudem keine andere Wahl, als gegen die Konzerne schnell und auf breiter Front loszulegen. Sie muss den Beweis erbringen, dass das von ihr auf den Weg gebrachte Gesetz effektiver ist als die zähen Kartellverfahren und schnellere Ergebnisse zeigt. Die meisten Vorwürfe gegen Apple, Google und Amazon sind aus einschlägigen Verfahren schon bekannt.

Das Versprechen des DMA lautet, dass das in dem Gesetz festgelegte Verbot zahlreicher Verhaltensweisen die Konzerne davon abhält, weiterhin ihre Marktmacht zu missbrauchen und beispielsweise konkurrierende App-Entwickler nur zu diskriminierenden Bedingungen ihre Plattformen nutzen zu lassen. Nur wenn die Kommission das neue Gesetz jetzt wirksam durchsetzt, kann sie den Beweis erbringen, dass der DMA funktioniert.

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Doch das birgt Risiken. Auch ein Verstoß gegen den DMA will sauber nachgewiesen sein. Die Schwellen dafür sind wohl niedriger als in klassischen Kartellfällen, weil das neue Gesetz eine Art Beweislastumkehr zugunsten der EU-Behörde enthält. Aber gerichtsfest muss eine – inhaltlich immer anspruchsvolle – Kommissionsentscheidung auch künftig sein. Wer weiß, wie viele Kartellfälle die Behörde in den vergangenen Jahren vor Gericht verloren hat, versteht, dass das keine triviale Herausforderung ist. Und nichts spricht dafür, dass die EU-Gerichte schneller urteilen als bisher im Kartellrecht.

QOSHE - Im Zugzwang - Werner Mussler, Brüssel
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Im Zugzwang

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25.03.2024

Schon gut zwei Wochen nachdem das neue EU-Digitalgesetz (Digital Markets Act, DMA) in Kraft getreten ist, schlägt die EU-Kommission in gleich fünf Verfahren gegen drei amerikanische Digitalgiganten los. Mit dem neuen Gesetz glaubt die EU endlich einen Hebel gegen marktbeherrschende „Torwächter“ zu haben, der diesen bestimmte Verhaltensweisen von vornherein verbietet. Apple, Google und Facebook sollen nach dem Kommissionsurteil dagegen verstoßen.

Binnenmarktkommissar Thierry Breton hat schon recht, wenn er sagt, dass weder das Tempo noch die Zahl der Verfahren........

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