Stand: 05.03.2024, 16:57 Uhr

Von: Alisha Mendgen

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Die Ampel-Regierung löst mit der Aktienrente nicht die Probleme der Altersvorsorge. Für eine nötige Reform fehlt ihr der Mut.

Große Herausforderungen bei der Rente brauchen große Antworten. Das von Arbeitsminister Hubertus Heil und Finanzminister Christian Lindner ausgehandelte zweite Rentenpaket ist jedoch keine. Vor den nötigen tiefgreifenden Reformen schreckt die Bundesregierung bislang zurück.

Doch der demografische Wandel wartet nicht. Weil die Babyboomer-Generation in den kommenden Jahren in Rente geht, verliert die Wirtschaft bis 2035 sieben Millionen Arbeitskräfte. Diese Lücke lässt sich kaum schließen: Es ist unwahrscheinlich, dass Deutschland genügend Fach- und Arbeitskräfte anwerben kann. Und damit fehlen genau die Beitragszahlenden, die die Renten mitfinanzieren sollen.

Nun entscheidet sich die Bundesregierung, das Rentenniveau bei 48 Prozent festzuschreiben. Das kann man machen, um Menschen, die Jahrzehnte gearbeitet haben, ein besseres Leben im Alter zu ermöglichen. Fakt ist: Dadurch werden die Rentenbeiträge steigen, was zusätzlich zu den höheren Krankenkassenbeiträgen eine nochmal heftigere Belastung der Gering- und Mittelverdiener:innen bedeutet.

Und weil zudem der Steuerzuschuss steigt, bleibt weniger Geld in der Kasse für Investitionen etwa in Infrastruktur oder Bildung. Das ist nicht zu unterschätzen.

Das neu eingeführte Generationenkapital wird da kaum für Entlastung sorgen können. Lediglich zwölf Milliarden Euro plus Dynamisierung sollen jährlich in den Kapitalstock fließen – finanziert durch Schulden. Von der einst im Wahlkampf versprochenen FDP-Aktienrente nach schwedischem Vorbild ist kaum etwas übrig geblieben, auch weil sich die Koalitionspartner querstellen.

Wenn sich der Kapitalstock rentiert – ab Mitte der 2030er Jahre – ist es eigentlich schon zu spät. Mehr noch: Die Rendite wird eher gering ausfallen. Sie wäre bei der Entlastung der Beitragszahler:innen und des Steuerhaushalts nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Selbst Lindner gibt zu, dass das zweite Rentenpaket nicht die alleinige Lösung sei und weitere Schritte notwendig seien. Aber an die einstigen von der großen Koalition gemachten Wahlgeschenke traut sich die derzeitige Bundesregierung nicht ran.

Die Rente mit 63 beziehungsweise 65, ein Herzensprojekt der SPD, nehmen viel mehr Menschen in Anspruch als prognostiziert und muss reformiert werden. Die Mütterrente, von der CSU durchgesetzt, kostet jährlich Milliarden. Sie war schon bei ihrer Einführung ungerecht gegenüber den Beitragszahlenden. Das Nachsehen haben die jüngeren Menschen, was die Ampel allerdings nicht korrigieren will.

Dabei müsste die Koalition eigentlich die Kraft aufbringen für eine grundlegende Reform, die lange Linien für das Rentensystem zieht. Das Koppeln des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung wäre angesichts der zu erwartenden Millionenlücke auf dem Arbeitsmarkt die richtige Entscheidung – mit Ausnahmen für Menschen, die ihr Leben lang körperlich gearbeitet haben.

Für sie sollte es weiterhin die Möglichkeit geben, früher in Rente zu gehen, ohne Abschläge in Kauf nehmen zu müssen. Dass sich die SPD und die Grünen dem komplett verweigern, ist unverständlich. Bei der immer wieder geforderten Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze sind es die Liberalen, die ein Stoppschild aufstellen.

Eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige muss ebenfalls Teil eines entsprechenden Reformpakets sein. Die Ampel darf nicht die nächste Koalition sein, die die Einführung trotz Einigung im Koalitionsvertrag zurückstellt. Es gibt also einige Stellschrauben zur kurz- und langfristigen Entlastung des Rentenkassen. Die Bundesregierung muss nur den Mut aufbringen, daran zu drehen. Bericht S. 12

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Falsche Entscheidung

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05.03.2024

Stand: 05.03.2024, 16:57 Uhr

Von: Alisha Mendgen

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Die Ampel-Regierung löst mit der Aktienrente nicht die Probleme der Altersvorsorge. Für eine nötige Reform fehlt ihr der Mut.

Große Herausforderungen bei der Rente brauchen große Antworten. Das von Arbeitsminister Hubertus Heil und Finanzminister Christian Lindner ausgehandelte zweite Rentenpaket ist jedoch keine. Vor den nötigen tiefgreifenden Reformen schreckt die Bundesregierung bislang zurück.

Doch der demografische Wandel wartet nicht. Weil die Babyboomer-Generation in den kommenden Jahren in Rente geht, verliert die Wirtschaft bis 2035 sieben Millionen Arbeitskräfte. Diese Lücke lässt sich kaum schließen: Es ist unwahrscheinlich, dass Deutschland genügend Fach- und Arbeitskräfte anwerben kann. Und damit fehlen genau die Beitragszahlenden, die die Renten mitfinanzieren sollen.

Nun entscheidet sich die........

© Frankfurter Rundschau


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