Stand: 13.12.2023, 17:41 Uhr

Von: Christine Dankbar

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Der Etat 2024 der Ampel kommt mit Schuldenbremse und ohne Sozialbau. Bei beidem könnte es Überraschungen geben. Der Leitartikel.

Die Körpersprache ist offensichtlicher als das, was Olaf Scholz, Christian Lindner und Robert Habeck inhaltlich sagen. Kanzler, Vizekanzler und Bundesfinanzminister sprechen über einen Kompromiss. Doch die Atmosphäre zeigt vor allem: Freunde sind die drei nicht geworden trotz der vielen Nächte, die sie in zwei Jahren Ampel mittlerweile miteinander verbracht haben. Die Ampel ist zwar stabil, aber ein großes Zukunftsprojekt mit Strahlkraft ist sie nicht mehr.

Das zeigt auch der Kompromiss, mit dem die Ampel nun einen verfassungskonformen Haushalt für das nächste Jahr auf die Beine stellen will. Details werden erst nach und nach im Laufe des Tages bekannt. Das liegt daran, dass man die Presse – die keine Fragen stellen darf – eingeladen hat, als noch gar nicht alle politisch Beteiligten umfassend informiert waren. Alles ein bisschen rumpelig bei der Ampel.

Doch klar wird schnell: Es ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man sich einigen konnte. Er soll gesichtswahrend für alle Seiten sein, das ist bei der komplizierten Dreierkonstellation natürlich wichtig. Und alle Beteiligten geben sich im Laufe des Tages alle Mühe herauszustellen, wie erfolgreich das Ganze für die eigenen Position ist. Eines ist aber auf den ersten Blick offensichtlich: Die FDP hat die Schuldenbremse erfolgreich verteidigt, denn sie soll beim Etat 2024 eingehalten werden.

Die Grünen können immerhin darauf verweisen, dass auch weiter in Klimatransformation investiert wird und Olaf Scholz hat die Versprechungen wahr gemacht, die er auf dem SPD-Parteitag gegeben hat: Es wird keinen Sozialabbau geben. Kleinere Kürzungen hier und da muss man allerdings hinnehmen. Auch beim Bürgergeld, dessen Erhöhung zum 1. Januar aber nicht entfällt

Mission erfüllt? Kann sein, aber nur, wenn alles klappt, was man so eingeplant hat. Wahr werden sollen die Einsparungen nämlich durch eine Mischung von Maßnahmen, bei denen vielen etwas weggenommen wird, die aber letztlich auch kräftig auf dem Prinzip Hoffnung beruhen. Wie zaghaft die Koalition vorgegangen ist, zeigt sich am Beispiel der klimafeindlichen Subventionen.

Deren Abbau war in den vergangenen Wochen immer wieder gefordert worden. Lindner kündigte dies auch an – und gab exakt ein Beispiel dafür. Die Plastikabgabe, die Deutschland an die Europäische Union abführt, soll demnächst von den Verursachern bezahlt werden. Ob das nun die Hersteller, der Handel oder die Verbraucher:innen sind, bleibt unklar.

Aber viele haben ohnehin zum ersten Mal von der Abgabe gehört, deren Umschichtung immerhin 1,5 Milliarden Euro an Erleichterungen bringen soll. Im Laufe des Tages wird dann noch bekannt, dass es eine Kerosinsteuer auf Inlandsflüge geben soll. Das bringt angeblich noch einmal 500 Millionen.

Nebulös bleiben auch die Maßnahmen, mit denen man zielgenau auf dem Arbeitsmarkt eingreifen will. Die Rede ist davon, dass man die ukrainischen Flüchtlinge jetzt schneller und umfassender in Arbeit bringen möchte. Bisher sind es unter 30 Prozent der hier lebenden Ukrainerinnen und Ukrainer, die arbeiten, die meisten Geflüchteten bekommen Bürgergeld, das mit insgesamt sechs Milliarden Euro zu Buche schlägt. Davon möchte man gerne einiges einsparen. Auch hier gilt das Prinzip Hoffnung. Man könnte es auch eine Luftbuchung nennen.

Klar und eindeutig ist eine andere Zusage in Richtung Ukraine: Man werde an den zugesagten Hilfen in vollem Umfang festhalten, sagt der Kanzler. Dafür hat er einen geschickten Schachzug vorgesehen. Sollte sich die Situation ändern und mehr Hilfe nötig sein, dann werde man auch das stemmen – indem man dem Bundestag einen Überschreitungsbeschluss vorlegt. Heißt im Klartext: Dann wird die Notlage fällig, der auch die Opposition zustimmen soll. Ob sie sich dem verweigern könnte?

CDU-Chef Friedrich Merz weist das Ansinnen in seiner Bundestagsrede sofort zurück. Er werde sich an so einer Trickserei nicht beteiligen. Das hört sich ganz danach an, dass das Bundesverfassungsgericht erneut eine Entscheidung in dieser Sache treffen muss. In der Zwischenzeit kann die Ampel aber erst mal weiterregieren. Nicht glanzvoll, aber weitgehend stabil.

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Vieles bleibt unklar

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13.12.2023

Stand: 13.12.2023, 17:41 Uhr

Von: Christine Dankbar

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Der Etat 2024 der Ampel kommt mit Schuldenbremse und ohne Sozialbau. Bei beidem könnte es Überraschungen geben. Der Leitartikel.

Die Körpersprache ist offensichtlicher als das, was Olaf Scholz, Christian Lindner und Robert Habeck inhaltlich sagen. Kanzler, Vizekanzler und Bundesfinanzminister sprechen über einen Kompromiss. Doch die Atmosphäre zeigt vor allem: Freunde sind die drei nicht geworden trotz der vielen Nächte, die sie in zwei Jahren Ampel mittlerweile miteinander verbracht haben. Die Ampel ist zwar stabil, aber ein großes Zukunftsprojekt mit Strahlkraft ist sie nicht mehr.

Das zeigt auch der Kompromiss, mit dem die Ampel nun einen verfassungskonformen Haushalt für das nächste Jahr auf die Beine stellen will. Details werden erst nach und nach im Laufe des Tages bekannt. Das liegt daran, dass man die Presse – die keine Fragen stellen darf – eingeladen hat, als noch gar nicht alle politisch Beteiligten umfassend informiert waren. Alles ein bisschen........

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