Stand: 25.02.2024, 10:46 Uhr

Von: Daniela Vates

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Die Krisen der Welt können überwältigend sein. Aber etwas mehr Zuversicht täte uns gut. Denn das Ausnutzen von Frustration kann ein politisches Geschäftsmodell sein. Der Leitartikel

Klar, man könnte verzweifeln, sofort und auf der Stelle. Ein Blick gen Osten genügt, wo verschanzt hinter den dicken Kremlmauern ein aggressiver Egomane seit zwei Jahren ein Nachbarland angreifen lässt. Wladimir Putin bringt Tod und Verwüstung über die Ukraine, er schickt seine eigenen Landsleute zu Tausenden in den Tod. All das scheint ihm egal zu sein, als wäre es ein Videospiel.

Ein Blick nach Westen ist kaum erheiternder: Denn dass ein Wüstling namens Donald Trump mit Geschrei, Hasstiraden, offenkundigen Lügen und diktatorischen Absichten deutlich mehr als einen Außenseiterstatus bekommen kann und möglicherweise zum zweiten Mal US-Präsident werden könnte, lässt ein Stück weit an der Menschheit zweifeln. Es ist, als würde derjenige, der angekündigt hat, ein Restaurant zu zerlegen, zu Tisch gebeten, anstatt des Lokals verwiesen zu werden.

Das gilt auch für Deutschland, wo die Menschen- und Demokratieverachtung der Rechtsextremen für manche eine charmante Idee, für andere ein zu vernachlässigender Faktor zu sein scheint. Und dann kann auch noch der Nahostkonflikt jederzeit weiter eskalieren, die Klimakrise ist nicht gelöst, die deutsche Wirtschaft ächzt. Die Ampelkoalitionäre rammen sich auf offener Bühne munter gegenseitig die Ellbogen in die Seiten. Die Opposition blockiert Gesetze und findet gleichzeitig, es gehe alles zu langsam voran.

Und da sind wir erst bei der Politik und noch nicht bei persönlichen Beschwernissen, bei den Sorgen um Angehörige, um Job und Geld. Es gibt also viele Gründe, zu verzagen.

Gründe für eine Lust am Niedergang gibt es aber nicht – außer den, daraus Profit schlagen zu wollen. Es ist in Ordnung, zu kritisieren und Fehlentwicklungen zu benennen. Es ist wichtig, Entscheidungen zu hinterfragen. Es ist gut, Alternativvorschläge zu machen. Und manchmal muss man auch Nein sagen. Aber es gibt einen Unterschied zwischen Ärger und Stimmungsmache, zwischen Härte und Sturheit.

Missmut kann auch ein Geschäftsmodell sein. Es ist gefährlich, sich von der Wonne der Schrecklichkeit mitreißen oder sich aus Frust in eine Weltuntergangsstimmung quatschen zu lassen. Es braucht keine rosarote Brille, aber bitte etwas weniger Panikmache.

Beispiel Wirtschaftsentwicklung: Die Weltwirtschaft ist nach der Corona-Pandemie und durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine in Schwierigkeiten geraten. Deutschland ist die drittstärkste Volkswirtschaft der Welt und befindet sich in einem Umbauprozess. Die Wirtschaft wächst nicht so stark wie die anderer Länder – kommt allerdings von einem höheren Niveau. Es gibt hohe Lohnabschlüsse, die Staatseinnahmen sind gut, die Energiepreise sinken. Kann besser laufen, aber eine Katastrophe, die manche beschreien, sähe nun wirklich anders aus.

Beispiel Ukraine-Politik: Es ist da zunächst schon bemerkenswert, dass die Nato-Verbündeten so eng zusammengestanden haben und weiter stehen. Deutschland ist der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine nach den USA. Die Ampelfraktionen einigen sich auf einen weitgehenden Ukraine-Antrag, der sehr umfassende Waffenlieferungen zulässt – aber weil das Wort „Taurus“ nicht enthalten ist, der entsprechende Marschflugkörper also nicht beim Namen genannt wird, wird gleich mal wieder die Unfähigkeit der Koalition beschrieen.

Die Koalition tut mit öffentlichen Streitereien das Ihrige, um als Chaotentruppe wahrgenommen zu werden. Auch hier gilt: Mit weniger Gemaule und Selbstmitleid liefe hier nicht nur manches besser. Das, was jetzt schon gelingt, wäre auch besser erkennbar.

So ist es generell: Wer am lautesten schreit, wer am kompromisslosesten, am breitbeinigsten und am verächtlichsten auftritt, schafft Aufmerksamkeit, hat aber deswegen noch lange nicht recht. Auszuschließen ist jedenfalls, dass Krisen sich mit Verdrießlichkeit lösen lassen. Im Gegenteil.

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Mut gegen Missmut

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25.02.2024

Stand: 25.02.2024, 10:46 Uhr

Von: Daniela Vates

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Die Krisen der Welt können überwältigend sein. Aber etwas mehr Zuversicht täte uns gut. Denn das Ausnutzen von Frustration kann ein politisches Geschäftsmodell sein. Der Leitartikel

Klar, man könnte verzweifeln, sofort und auf der Stelle. Ein Blick gen Osten genügt, wo verschanzt hinter den dicken Kremlmauern ein aggressiver Egomane seit zwei Jahren ein Nachbarland angreifen lässt. Wladimir Putin bringt Tod und Verwüstung über die Ukraine, er schickt seine eigenen Landsleute zu Tausenden in den Tod. All das scheint ihm egal zu sein, als wäre es ein Videospiel.

Ein Blick nach Westen ist kaum erheiternder: Denn dass ein Wüstling namens Donald Trump mit Geschrei, Hasstiraden, offenkundigen Lügen und diktatorischen Absichten deutlich mehr als einen Außenseiterstatus bekommen kann und möglicherweise zum zweiten Mal US-Präsident werden könnte, lässt ein Stück weit an der Menschheit........

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