Stand: 14.03.2024, 16:07 Uhr

Von: Felix Huesmann

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Die Lage wird ungemütlicher für die rechte Partei – auch wenn sie sich vor Gericht zuversichtlich gibt. Doch eine Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ hätte Folgen. Der Leitartikel.

Zwei Tage lang haben die AfD und ihre Anwälte das Oberverwaltungsgericht Münster in dieser Woche mit ihrer Prozessverschleppungstaktik zum Narren gehalten. Rechtsmissbräuchliche Befangenheitsanträge, eine Flut von einzeln verlesenen Beweisanträgen – die Partei war auf Verzögerung aus.

Das mag auf manchen Beobachter wie ein Zeichen der Stärke gewirkt haben: Die AfD lässt sich auch vor Gericht nicht unterkriegen und diktiert den Richterinnen und Richtern ebenso wie dem beklagten Bundesamt für Verfassungsschutz ihren Zeitplan. Immerhin musste die Verhandlung am Mittwochabend vertagt werden. Wann es weitergeht und wann ein Urteil fallen wird, ist noch ungewiss.

Doch das Taktieren der Partei ist ein Ausdruck ihrer Nervosität. So oft AfD-Politiker und Anwälte der Partei auch betonen mögen, dass sie fest davon ausgehen, dass das Gericht ihnen in der Berufungsklage gegen die Einstufung und Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) recht geben wird, so wenig dürften die meisten von ihnen daran glauben.

Sie wollen eine Entscheidung zumindest hinauszögern, die das Vorgehen des Verfassungsschutzes erlaubt und an die sich bald darauf eine bundesweite Hochstufung der Partei zur „gesichert extremistischen Bestrebung“ anschließen könnte. Denn die Chancen, eine solche Entscheidung zu verhindern, stehen eher schlecht.

In diesem Jahr liegen Kommunal-, Europa- und drei Landtagswahlen an. Zwar hat die bereits erfolgte Hochstufung in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen der Partei in den dortigen Wahlumfragen bislang nicht geschadet. Dennoch könnte eine solche Einstufung der Gesamtpartei auf der Bundesebene die Lage für die AfD ungemütlicher machen: Verbeamtete Parteimitglieder, insbesondere in den Sicherheitsbehörden, müssten stärker als bisher um ihren Job bangen. Und anders als in den drei ostdeutschen Bundesländern könnte eine Einstufung der Partei als eindeutig rechtsextrem bei der Europawahl im Juni und der Bundestagswahl im nächsten Jahr mancherorts doch noch Wählerinnen und Wähler abschrecken.

Hinzu kommt: Auch wenn ein Münsteraner Urteil und eine anschließende Hochstufung der AfD durch den Verfassungsschutz dies keineswegs zwangsläufig zur Folge hätte, könnte ein nächster Schritt die Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens sein.

Wer angesichts der in dieser Woche erlebten und im weiteren Verfahrensverlauf zu erwartenden juristischen Verzögerungstaktiken der AfD bereits entnervt ist, sei gewarnt: Auf eine mögliche Hochstufung der Partei durch das BfV wird absehbar das gleiche Prozedere erneut folgen. Die AfD dürfte zunächst wieder vor dem Verwaltungsgericht Köln klagen und im Falle des Scheiterns einmal mehr nach Münster ziehen. Diese gerichtliche Überprüfung ist ihr gutes Recht und der Weg durch die Instanzen dauert. Ein Verbotsverfahren in Karlsruhe wäre noch langwieriger und deutlich aufwendiger.

In der Zwischenzeit müssen und dürfen Zivilgesellschaft, Politik und auch der Verfassungsschutz aber nicht untätig bleiben. Das Parlament sollte die jüngsten Medienrecherchen über die Vielzahl von Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten, die bei AfD-Abgeordneten im Bundestag beschäftigt sind, dringend zum Anlass nehmen, sich intensiver mit seiner eigenen Sicherheit zu beschäftigen.

Dass rechtsextreme AfD-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Sicherheitsrisiko im Bundestag sind, ist seit langem ein Thema. Bislang tut sich das Parlament aber schwer damit, im Konflikt zwischen den eigenen Sicherheitsinteressen und der Freiheit des Mandats – zu der auch die Freiheit der Wahl der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehört – neue Kompromisse zu finden. Die Einsicht in die Dringlichkeit von Reformen reift inzwischen parteiübergreifend. Dies ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

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Die AfD wird nervös

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14.03.2024

Stand: 14.03.2024, 16:07 Uhr

Von: Felix Huesmann

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Die Lage wird ungemütlicher für die rechte Partei – auch wenn sie sich vor Gericht zuversichtlich gibt. Doch eine Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ hätte Folgen. Der Leitartikel.

Zwei Tage lang haben die AfD und ihre Anwälte das Oberverwaltungsgericht Münster in dieser Woche mit ihrer Prozessverschleppungstaktik zum Narren gehalten. Rechtsmissbräuchliche Befangenheitsanträge, eine Flut von einzeln verlesenen Beweisanträgen – die Partei war auf Verzögerung aus.

Das mag auf manchen Beobachter wie ein Zeichen der Stärke gewirkt haben: Die AfD lässt sich auch vor Gericht nicht unterkriegen und diktiert den Richterinnen und Richtern ebenso wie dem beklagten Bundesamt für Verfassungsschutz ihren Zeitplan. Immerhin musste die Verhandlung am Mittwochabend vertagt werden. Wann es weitergeht und wann ein Urteil fallen wird, ist noch ungewiss.

Doch das Taktieren der........

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