Stand: 04.04.2024, 15:51 Uhr

Von: Fritzi Köhler-Geib

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Die Ampel sollte entschlossener die Weichen für die Transformation stellen.

Grüne Märkte sind Wachstumsmärkte. Neben Deutschland haben sich weltweit weitere 150 Staaten zum Ziel der Treibhausgasneutralität bekannt. Zusammengenommen repräsentieren die „Net-Zero“-Staaten über 90 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und rund 88 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen.

Dies wird zu einem weltweiten steigenden Bedarf an Klimaschutztechnologien und treibhausgasneutralen Produkten führen. So konnten wir schon in der Vergangenheit einen rasanten Anstieg bei Investitionen in erneuerbar Energien, Energieeffizienz oder Elektrofahrzeuge beobachten.

In Deutschland hat sich Klimaschutz längst als relevanter Wirtschaftsfaktor etabliert. Aus unserer Befragung zum KfW-Klimabarometer wissen wir, dass rund 1,1 Millionen Unternehmen – dies entspricht etwa 30 Prozent der Firmen hierzulande – im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die zum Klimaschutz beitragen. Dabei haben zwölf Prozent oder rund 450 000 Firmen ihr Angebot sogar vorrangig auf Klimaschutzgüter ausgerichtet.

Besonders aktiv sind Unternehmen aus der Baubranche – sie gelten als zentral für das Gelingen der Energiewende im Gebäudesektor – sowie Unternehmen aus dem Maschinen- und Fahrzeugbau oder der Elektroindustrie. Dort sind Hersteller wichtiger Klimaschutztechnologien verortet. Ein Blick auf die mittelfristigen Geschäftsplanungen zeigt, dass das Angebot an Klimaschutzgütern hierzulande weiter an Bedeutung gewinnen wird. Knapp ein Viertel der Unternehmen plant, in den kommenden drei Jahren ihr Produktportfolio dahingehend auszuweiten.

Auch in anderen Ländern steht Klimaschutz als Wirtschaftsfaktor hoch im Kurs. Der internationale Wettlauf um die Marktführerschaft bei Klimaschutztechnologien ist bereits in vollem Gange. Mehr und mehr Länder ergreifen Maßnahmen, um die Ansiedlung wichtiger Schlüsseltechnologiehersteller an ihren Standorten zu begünstigen.

Prominentester Vertreter dürfte der Inflation Reduction Act aus den Vereinigten Staaten sein, aber auch die Subventionspolitik Chinas, Japans Programm für die grüne Transformation oder Indiens Production Linked Incentive Program sind dabei zu nennen. Die EU beabsichtigt, mithilfe des Net-Zero Industry Act den Ausbau europäischer Produktionskapazitäten zu unterstützen.

Mit ihrem Angebot befinden sich deutsche Unternehmen in einer guten Ausgangsposition. Damit Deutschland langfristig auf der Angebotsseite von der grünen Transformation profitiert, braucht es allerdings entschlossene politische Weichenstellungen – auch, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Drei Aspekte möchte ich dazu besonders hervorheben.

Erstens gilt es verlässliche Standortbedingungen und Planungssicherheit für Investitionen zu schaffen. Dabei ist die ausreichende Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen ein wichtiger Faktor, um perspektivisch klimaneutral zu produzieren.

Dies erfordert den Aufbau entsprechender Erzeugungskapazitäten und Transportinfrastruktur wie Stromnetze oder Pipelines. Gerade auch Klarheit über die mögliche Bandbreite von Preisen für Industrieabnehmer ist hier entscheidend. Positive Standortfaktoren in Deutschland, wie verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen, eine stabile Energieversorgung oder qualifizierte Arbeitskräfte, gilt es aufrechtzuerhalten und weiter zu stärken.

Zweitens gilt es, die Marktdurchdringung klimafreundlicher Technologien zu beschleunigen, damit es sich für die Unternehmen lohnt, vermehrt Klimaschutzgüter anzubieten. Aufgrund von Marktunvollkommenheiten sind klimafreundliche Technologien häufig noch teurer in der Anschaffung als konventionelle Güter – mit entsprechend negativen Auswirkungen auf deren Nachfrage.

Hier können sich Maßnahmen, die direkt an einer Reduktion oder einem Ausgleich des Kostennachteils ansetzen, als nützlich erweisen – wie etwa ein verlässlich ansteigender CO2-Preis und komplementär zinsgünstige Förderkredite oder Investitionszuschüsse.

Drittens ist eine Stärkung des Ökosystems für Innovationen zentral. Einige der für die grüne Transformation benötigten Technologien befinden sich noch in der Aufbau- oder Demonstrationsphase. Bei anderen bereits marktreifen Technologien können noch weitere Effizienzpotenziale ausgeschöpft werden.

Der Staat kann hier durch kluge Rahmensetzung und Förderung zusätzliche Anreize für Innovationen im Umwelt- und Klimaschutz schaffen. Dies wird es den Unternehmen erleichtern, Innovationschancen zu ergreifen und umzusetzen, wodurch sich wiederum weitere Absatzchancen im In- und Ausland ergeben können.

Fritzi Köhler-Geib ist Chefvolkswirtin der KfW und leitet die volkswirtschaftliche Abteilung der Bankengruppe.

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Wirtschaftsfaktor Klimaschutz

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04.04.2024

Stand: 04.04.2024, 15:51 Uhr

Von: Fritzi Köhler-Geib

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Die Ampel sollte entschlossener die Weichen für die Transformation stellen.

Grüne Märkte sind Wachstumsmärkte. Neben Deutschland haben sich weltweit weitere 150 Staaten zum Ziel der Treibhausgasneutralität bekannt. Zusammengenommen repräsentieren die „Net-Zero“-Staaten über 90 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und rund 88 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen.

Dies wird zu einem weltweiten steigenden Bedarf an Klimaschutztechnologien und treibhausgasneutralen Produkten führen. So konnten wir schon in der Vergangenheit einen rasanten Anstieg bei Investitionen in erneuerbar Energien, Energieeffizienz oder Elektrofahrzeuge beobachten.

In Deutschland hat sich Klimaschutz längst als relevanter Wirtschaftsfaktor etabliert. Aus unserer Befragung zum KfW-Klimabarometer wissen wir, dass rund 1,1 Millionen Unternehmen – dies entspricht etwa 30 Prozent der Firmen hierzulande – im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die zum Klimaschutz beitragen. Dabei haben zwölf Prozent oder rund 450 000 Firmen ihr Angebot sogar vorrangig auf........

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