Stand: 07.03.2024, 19:22 Uhr

Von: Klaus Staeck

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Wenn es um Leben und Tod von Tausenden geht, verlange ich, dass Politik ernsthaft arbeitet. Ein T-Shirt mit einem Stier gehört nicht dazu. Die Kolumne.

Ein leichtfertig offen geführtes Gespräch hoher Bundeswehroffiziere, ungeschützt vor gegnerischen Mithörern, hat die Lage nicht verändert. Die Bundesrepublik wird nicht Kriegspartei. Am Ende hat der Kanzler das Wort: Die direkte Beteiligung deutscher Soldaten in der Ukraine ist ausgeschlossen.

Auch die „Macht der Bilder“ wird daran nichts ändern. Kürzlich war das Foto einer lächelnden Dame im T-Shirt zu sehen, bedruckt mit dem Kopf eines fauchenden blauen Stiers (Taurus) auf gelbem Grund. Offensichtlich zeigte es den Minotaurus aus der griechischen Sagenwelt. Dieser ließ sich Jünglinge und Jungfrauen in sein Labyrinth bringen, so konnte Athen der Rache des Königs Minos entgehen. Bis endlich Held Theseus den Stier tötete und Dank Ariadnes Garnrolle den Weg zurück aus dem Labyrinth fand.

Diskussion um Taurus-Lieferungen: In Südkorea runzelt man die Stirn

Gibt es einen Ariadne-Faden, der den Weg aus dem Ukraine-Krieg weist? Und wie passt diese Geschichte vom toten Stier mit der Botschaft zusammen, die uns Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, mit ihrem T-Shirt vermitteln will? Am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz war ihr offenbar zur Verkleidung zumute, um die in ihrer Taurus-Entscheidung immer noch zögernden Ampelkollegen vorzuführen. Den Kanzler vornweg.

Nun möchte ich als Berufssatiriker kein Spaßverderber sein – aber irgendwo hört der Spaß auch auf. Spätestens dann, wenn es um Leben und Tod von Tausenden Menschen geht, verlange ich, dass politische Mandatsträger ihren Job jederzeit ernst nehmen.

Die Taurus-Verkleidung ließ daran zweifeln, weil der Ausgang des von Russland eröffneten Krieges das Schicksal Europas für die nächsten Jahrzehnte bestimmen wird. Und weil die angebliche „Wunderwaffe Taurus“ – da mochte Strack-Zimmermann noch so fassungslos in die Kamera schauen als sie von des Kanzlers Entscheidung gegen Taurus erfuhr – keineswegs den russischen Imperialismus aus der Welt schaffen würde.

Darf man Strack-Zimmermann, die sich auf FDP-Plakaten auch als „Eurofighterin“ bezeichnen lässt, eine Rüstungslobbyistin nennen? Wer mit einem Bundestagsmandat auch Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik sowie beim Förderkreis Deutsches Heer ist, macht sich angreifbar.

Doch jegliche Kritik, dass diesem Förderkreis auch Unternehmen wie Rheinmetall und mehrere Tochtergesellschaften angehören, hielt die Verteidigungspolitikerin aus. Sie selbst war mit den eifrigsten Forderungen für die Lieferung von Leopard-Panzern in die Ukraine angetreten und hat den Kanzler verhöhnt, der nach wie vor gute Gründe hat, mit hoher Verantwortung jede Lieferung neuer Rüstungssysteme ins Kriegsgebiet mit den Partnern abzustimmen und ihre Eskalationsgefahr zu überdenken.

Zur Erinnerung: 2014 der Karrieresprung von Ex-Minister Dirk Niebel (FDP) zum Cheflobbyisten der Rheinmetall und drei Jahre später die Wahl von Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) in den Aufsichtsrat der Rheinmetall.

Die Westdeutsche Zeitung fragte vor einem Jahr die Verteidigungsausschuss-Vorsitzende: „Viele werfen Ihnen vor, Waffenschmieden wie Rheinmetall aus ihrem Wahlkreis in Düsseldorf zu unterstützen. Ist das alles Blödsinn?“ Ihre lapidare Antwort: „Ich habe mit diesen Unternehmen so viel zu tun wie mit dem Molkereibetrieb in Wanne-Eickel.“ Im Gegensatz zur regionalen Milchindustrie können die Rheinmetall-Aktionäre in aller Welt – vorwiegend USA – gegenwärtig ihr Glück kaum fassen, wie der Aktienkurs kriegsbedingt durch die Decke geht.

Klaus Staeck ist Grafiker.

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Taurus-Shirt von Strack-Zimmermann: Irgendwo hört der Spaß auf

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07.03.2024

Stand: 07.03.2024, 19:22 Uhr

Von: Klaus Staeck

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Wenn es um Leben und Tod von Tausenden geht, verlange ich, dass Politik ernsthaft arbeitet. Ein T-Shirt mit einem Stier gehört nicht dazu. Die Kolumne.

Ein leichtfertig offen geführtes Gespräch hoher Bundeswehroffiziere, ungeschützt vor gegnerischen Mithörern, hat die Lage nicht verändert. Die Bundesrepublik wird nicht Kriegspartei. Am Ende hat der Kanzler das Wort: Die direkte Beteiligung deutscher Soldaten in der Ukraine ist ausgeschlossen.

Auch die „Macht der Bilder“ wird daran nichts ändern. Kürzlich war das Foto einer lächelnden Dame im T-Shirt zu sehen, bedruckt mit dem Kopf eines fauchenden blauen Stiers (Taurus) auf gelbem Grund. Offensichtlich zeigte es den Minotaurus aus der griechischen Sagenwelt. Dieser ließ sich Jünglinge und Jungfrauen in sein Labyrinth bringen, so konnte Athen der Rache des Königs Minos entgehen. Bis endlich........

© Frankfurter Rundschau


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