Stand: 24.11.2023, 14:47 Uhr

Von: Manfred Niekisch

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Ein Pestizidverbot wäre auch für die Gesundheit der Menschen ein Gewinn gewesen. Doch die üblichen Verdächtigen haben es verhindert - vorerst.

Das wäre dann doch zu weit gegangen! Schlug die EU-Kommission doch allen Ernstes vor, mit einem Gesetz den Einsatz von Pestiziden in Schulen, Parkanlagen und geschützten Naturgebieten ganz zu verbieten. Da hätten die Schülerinnen und Schüler im Schulgarten und auf dem Pausenhof, die im Stadtpark Natur und Erholung suchenden Städter, die Naturschutzfans in ihren Kerngebieten damit leben müssen, dass da wildes Grünzeug wuchert, dieses Zeug, das hilft, dass Bienen summen und Schmetterlinge fliegen. Nein, so geht das nicht!

Und was behauptet mal wieder die der Chemieindustrie hörige Landwirtschaftslobby? Ohne Pflanzenschutzmittel, die ja eigentlich Pflanzen nicht schützen, sondern die unliebsamen vernichten, kann die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln nicht sichergestellt werden.

Gut, das stimmt jetzt nicht so ganz für Schulen, Parks, Naturschutzflächen. Denn da spielt die Produktion von Lebensmitteln doch eine eher untergeordnete Rolle. Oder? Ach so, ja, aber ansonsten müssen wir die lieben Nahrungspflanzen vor den bösen Kräutern schützen, die alles kaputt machen. Oder so ähnlich.

Und die Bäuerinnen und Bauern, die schon aus eigenem Antrieb versuchen, Pestizide auf ihren Anbauflächen zu reduzieren oder gar zu vermeiden, bekommen jetzt eine richtige Klatsche. Gesunde Lebensmittel sind ganz aus der Zeit gefallen, die können wir uns nicht leisten. Gift hilft, dass alles schön billig bleibt in den Supermärkten.

Man könnte und müsste wütend werden ob all des Unsinns, den Lobbyistinnen und Lobbyisten, rückwärts gerichtete Politikerinnen und Politiker als Argumente anführen, warum das von der EU-Kommission vorgeschlagene Pestizidgesetz abgeschossen werden musste. Es ist einfach verantwortungslos, mit der Panikmache vor einem Mangel an Lebensmitteln, an billigen Lebensmitteln Politik und Stimmungsmache zu treiben.

Da hat es ganz den Anschein, als wolle die Lobby der giftspritzenden Bäuerinnen und Bauern, die fehlgeleitete Kundschaft der Pestizidindustrie, sicherstellen, dass die Landwirtschaft ihren Ruf behält als Hauptverursacherin des Artensterbens. Den wird sie jetzt erst einmal behalten können.

Die Chance, bis 2030 den Übergang zu schaffen in eine die ökologischen Grundlagen und Werte berücksichtigende Bestellung von Äckern und Feldern, ist vertan. Nach dieser Abstimmung des EU-Parlaments dürfte es eine neue Initiative der Kommission so schnell nicht geben. Schon das verlorene Gerangel um das Ende der Zulassung von Glyphosat vor wenigen Wochen war ein übler Vorbote der Stimmungslage.

Längst haben wissenschaftliche Kreise auf die Erkenntnisse hingewiesen, dass Glyphosat erhebliche Schäden an der Umwelt verursacht. Allein dass die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen einstuft, hätte das Verbot gerechtfertigt. Schließlich hat der Staat die Pflicht, Risiken von seiner Bevölkerung abzuwenden.

Fehlanzeige auch hier. Die Bundesregierung, getrieben von der FDP, enthält sich und ermöglicht so eine Entscheidung gegen den Koalitionsvertrag, gegen die Umwelt, gegen die Gesundheit. Und gegen die Vernunft.

Manfred Niekisch ist Biologe und ehemaliger Zoodirektor.

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Klatsche für die Umwelt

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24.11.2023

Stand: 24.11.2023, 14:47 Uhr

Von: Manfred Niekisch

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Ein Pestizidverbot wäre auch für die Gesundheit der Menschen ein Gewinn gewesen. Doch die üblichen Verdächtigen haben es verhindert - vorerst.

Das wäre dann doch zu weit gegangen! Schlug die EU-Kommission doch allen Ernstes vor, mit einem Gesetz den Einsatz von Pestiziden in Schulen, Parkanlagen und geschützten Naturgebieten ganz zu verbieten. Da hätten die Schülerinnen und Schüler im Schulgarten und auf dem Pausenhof, die im Stadtpark Natur und Erholung suchenden Städter, die Naturschutzfans in ihren Kerngebieten damit leben müssen, dass da wildes Grünzeug wuchert, dieses Zeug, das hilft, dass Bienen summen und Schmetterlinge fliegen. Nein, so geht das nicht!

Und was behauptet mal wieder die der Chemieindustrie hörige Landwirtschaftslobby?........

© Frankfurter Rundschau


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