Stand: 09.02.2024, 15:02 Uhr

Von: Manfred Niekisch

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Gleich zweimal blockiert die FDP sinnvolle Gesetze zum Schutz von Menschenrechten, Umwelt und gegen Gewalt.

Ja, das kann man so sehen. Es ist einfach zu viel Bürokratie verbunden mit diesem europäischen Lieferkettengesetz. Noch mehr Bürokratie, nur damit ein paar Kinder irgendwo weit weg von uns nicht mehr als Arbeitssklaven schuften müssen? Und wenn ein paar zig oder paar Hundert Näherinnen in einem Betrieb, auch irgendwo weit weg, in einer Halle verbrennen, nein, da kann man mit noch mehr Bürokratie doch auch nix machen. Schon gar nicht, wenn es der deutschen Wirtschaft schadet.

Wie gut, dass sich FDP-Chef Christian Lindner da so klar geäußert hat. Nö, das kommt nicht in Frage, mehr Bürokratie und noch mehr Nachteile für die deutsche Wirtschaft, im Vergleich zu all den anderen blühenden Industrienationen? Warum sollen auch nicht Kinder fleißig schleppen, erwachsene Männer barfuß durch Pestizidbecken waten, um Tropenholz in Giftbädern haltbar zu machen gegen Pilzbefall und sonst was.

Oder Frauen, wie schön, dass sie Arbeit haben, im Akkord und unter nicht besonders angenehmen Arbeitsbedingungen Billigklamotten für die reichen Länder zusammennähen. Es geht um unsere Wirtschaft, und die müssen wir schützen!

Deswegen sind der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) dagegen, in schöner Einigkeit mit der FDP. Blöd nur, dass es da längst einige Firmen gibt, die sich auf die Seite der Menschenrechte geschlagen haben, keine Ausbeutung, keine Kinderarbeit mehr wollen. Sondern saubere Produkte anbieten wollen.

Sauber aus Sicht der Menschenrechte, der Umwelt, der Kinder, die Bildung brauchen, statt unter Webmaschinen herumzuwuseln. Oder in irgendwelchen Steinbrüchen und Bergwerken. Es sind Firmen, denen auch eine gesunde Umwelt am Herzen liegt, pestizidfrei, ohne Abholzung von Primärwäldern, ohne Flüsse als Abwasserkanäle zu missbrauchen.

Aber ehrliche Umweltpolitik war ohnehin nie ein Schwerpunkt der FDP-Programme. Jedenfalls brächte ein Lieferkettengesetz auf Ebene der Europäischen Union gleiche Bedingungen für alle Firmen hier. Und Rechtssicherheit. Mal abgesehen von all den anderen positiven Aspekten.

Das deutsche Lieferkettengesetz gibt es ja schon, aber es bedarf dringend der effizienteren Gestaltung. Mit dem europäischen Gesetz würde der Wirkungsbereich auf mehr Firmen ausgedehnt, es entstünden Klagemöglichkeiten der Geschädigten, Regressansprüche. Also wirksamere Instrumente, um Verstöße gegen Umwelt und Menschenrechte zu ahnden. Oder gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Es passt ins Bild, dass die FDP jetzt auch gegen eine fortschrittliche Gesetzgebung ist, was Gewalt gegen Frauen angeht. Die Bedenken kommen aus dem FDP-geführten Justizministerium von Marco Buschmann. Statt „Nur Ja heißt Ja“ bleibt es beim deutschen „Nein heißt Nein“. Wo kämen wir da hin, wenn die EU ihre Kompetenzen überschreitet, wie Buschmann befürchtet? Eine Kompetenzüberschreitung bei Vergewaltigung? Wo, wenn nicht bei Vergewaltigung, werden eigentlich von wem Kompetenzen überschritten?

Die Ablehnung der Gesetze zu Lieferketten und für den verbesserten Schutz von Frauen ist Bürokratievermeidung mit eingebautem Täterschutz.

Manfred Niekisch ist Biologe und ehemaliger Zoodirektor.

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Nicht auf Kosten der Opfer

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09.02.2024

Stand: 09.02.2024, 15:02 Uhr

Von: Manfred Niekisch

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Gleich zweimal blockiert die FDP sinnvolle Gesetze zum Schutz von Menschenrechten, Umwelt und gegen Gewalt.

Ja, das kann man so sehen. Es ist einfach zu viel Bürokratie verbunden mit diesem europäischen Lieferkettengesetz. Noch mehr Bürokratie, nur damit ein paar Kinder irgendwo weit weg von uns nicht mehr als Arbeitssklaven schuften müssen? Und wenn ein paar zig oder paar Hundert Näherinnen in einem Betrieb, auch irgendwo weit weg, in einer Halle verbrennen, nein, da kann man mit noch mehr Bürokratie doch auch nix machen. Schon gar nicht, wenn es der deutschen Wirtschaft schadet.

Wie gut, dass sich FDP-Chef Christian Lindner da so klar geäußert hat. Nö, das kommt nicht in Frage, mehr Bürokratie und noch mehr Nachteile für........

© Frankfurter Rundschau


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