Berlin. Manche Zahlen verlieren auch durch Wiederholung nicht an Wucht: Ein Fünftel der in Deutschland lebenden Menschen ist laut Statistischem Bundesamt von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Sie müssen knapsen, beim Einkauf zählt jeder Cent, eine Mietsteigerung oder eine kaputte Waschmaschine ist eine kleine Katastrophe, Urlaub, Kino, Essengehen – kaum leistbarer Luxus. Man improvisiert, steckt zurück, zieht das Tischtuch mal an diese, mal an jene Ecke – groß genug ist es selten.

Und das ist ja noch nicht alles: Wer arm ist, trägt ein größeres Gesundheitsrisiko, die Bildungschancen hängen leider nach wie vor ein gutes Stück weit am Geldbeutel – und damit auch die Karriere- und Verdienstmöglichkeiten. Wer wenig hat, kann auch nebenher nichts ansparen fürs Alter oder für größere Schicksalsschläge. Das ist dann keine Sache des Nichtwollens, sondern des Nichtkönnens.

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In einem bei allem Gemäkel wirtschaftsstarken und reichen Land wie Deutschland ist das ein Unding.

Senioren, Alleinerziehende und Familien mit vielen Kindern sind besonders gefährdet. Das zeigt: Den Betroffenen einfach mal Bequemlichkeit und fehlende Leistungsbereitschaft zu unterstellen, ist so einfach wie falsch.

Ganz offenkundig gibt es strukturelle Probleme, und viele davon hängen zusammen: Staatliche Unterstützungsleistungen müssen erreichbarer sein – insbesondere auch für Kinder. Deswegen gibt es keinen Grund, die Kindergrundsicherung ins Lächerliche zu ziehen, sondern ziemlich viele Gründe, an ihrem Gelingen zu arbeiten. Und damit mehr Menschen arbeiten können, braucht es nicht zuletzt mehr Kita-Plätze, also mehr Personal, also anständige Bezahlung.

Klar, das kostet. Aber diese Kosten sind gut investiert.

Vor allem aber sollte Konsens sein, dass Sozialleistungen eine Errungenschaft sind und kein lästiges Beiwerk. Das gilt insbesondere auch für die anstehenden Haushaltsverhandlungen.

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10.04.2024

Berlin. Manche Zahlen verlieren auch durch Wiederholung nicht an Wucht: Ein Fünftel der in Deutschland lebenden Menschen ist laut Statistischem Bundesamt von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Sie müssen knapsen, beim Einkauf zählt jeder Cent, eine Mietsteigerung oder eine kaputte Waschmaschine ist eine kleine Katastrophe, Urlaub, Kino, Essengehen – kaum leistbarer Luxus. Man improvisiert, steckt zurück, zieht das Tischtuch mal an diese, mal an jene Ecke – groß........

© HAZ


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