Natürlich saß auch der Bundestrainer auf der Tribüne in der Allianz Arena. Mit welchen Gefühlen Julian Nagelsmann den Champions-League-Halbfinal-Einzug seines ehemaligen (und künftigen?) Arbeitgebers FC Bayern verfolgte, darüber wollte er allerdings nicht sprechen. Zu heikel ist die aktuelle Situation rund um sein mögliches Comeback in München oder aber seine Verlängerung beim DFB. Was feststeht, ist, dass er die Nationalmannschaft bei der Heim-EM betreuen wird – und in diesem Zusammenhang muss Nagelsmann gefreut haben, was sich am Mittwoch im Süden sowie einen Tag zuvor im Westen abspielte.

Am Dienstag warf Borussia Dortmund nämlich Atlético Madrid aus der Königsklasse und zog erstmals seit elf Jahren ins Halbfinale ein, 24 Stunden später folgte der FCB. So stehen erst zum dritten Mal in der Geschichte zwei deutsche Klubs in der Vorschlussrunde des wichtigsten Vereinswettbewerbs der Welt. 2020, beim letzten Titelgewinn einer deutschen Mannschaft, setzte sich Bayern gegen Olympique Lyon durch, RB Leipzig scheiterte an Paris St. Germain. 2013 führten die Erfolge des BVB (gegen Real Madrid) und der Münchner gegen den FC Barcelona zum finalen Höhepunkt in Wembley. An dem Ort, an dem nun erneut das Endspiel am 1. Juni ansteht – mit einer deutsch-deutschen Wiederauflage?

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Dortmund hat gegen PSG bereits in der Gruppenphase bewiesen, dass man mit dem europäischen Geld-Adel mithalten kann und ist in dieser Champions-League-Saison ein echter Herausforderer. Der Klassiker zwischen Bayern und Real war und bleibt immer ein 50:50-Duell – mehr ist gegen die königlichen Rekordgewinner ohnehin nie drin. Doch zurück zu Nagelsmann und der EM.

Der aktuelle Höhenflug kommt aus Bundestrainer-Sicht genau zur richtigen Zeit. Auch wenn zuletzt mit Niclas Füllkrug, der seine Torkrise gegen Atlético endlich beendete, nur noch ein Borusse im DFB-Kader stand, zeigten auch Mats Hummels, Nico Schlotterbeck und allen voran Julian Brandt, dass sie ihr EM-Ticket noch nicht abgeschrieben haben und auch auf allerhöchstem Niveau abliefern können, wenn es ums Eingemachte geht. Gleiches gilt für den bayerischen Wackelkandidaten Leon Goretzka, den viel gescholtenen Joshua Kimmich, der die Tür zum Halbfinale mit seinem Kopfballtor aufstieß und natürlich Antonio Rüdiger, der ManCitys Superstar Erling Haaland zweimal abmeldete und auch noch den entscheidenden Elfmeter für Real verwandelte.

Jedes Erfolgserlebnis ist gut fürs Selbstvertrauen der DFB-Stars, das durch die vielen Misserfolge der letzten Jahre so sehr gelitten hat. Schon nach den Siegen mit der Nationalelf gegen Frankreich und die Niederlande war ein Ruck zu spüren, der durchs Team und die Öffentlichkeit ging – jetzt möchte man rufen: Es gibt uns noch! Oder: Wir sind wieder wer!

Natürlich muss Nagelsmann damit leben, dass nicht nur seine Leverkusener Pokalfinalisten, sondern auch weitere mögliche Endspielteilnehmer der Königsklasse erst verspätet in die EM-Vorbereitung starten können. Doch die Möglichkeit, mit einem großen Titel im Gepäck zum Turnier zu reisen, hat selten jemandem geschadet. Zur Erinnerung: Das reindeutsche Finale von London 2013 war der Türöffner für den Gewinn der WM ein Jahr später. Vielleicht wiederholt sich diese Geschichte ja erneut in einem kürzeren Zeitraum: Ein deutsches Endspiel im Wembley – gefolgt vom Titel des DFB-Teams bei der nächsten Endrunde.

QOSHE - Deutschland lebt noch: Der Höhenflug kommt für Nagelsmann genau richtig - Heiko Ostendorp
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Deutschland lebt noch: Der Höhenflug kommt für Nagelsmann genau richtig

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18.04.2024

Natürlich saß auch der Bundestrainer auf der Tribüne in der Allianz Arena. Mit welchen Gefühlen Julian Nagelsmann den Champions-League-Halbfinal-Einzug seines ehemaligen (und künftigen?) Arbeitgebers FC Bayern verfolgte, darüber wollte er allerdings nicht sprechen. Zu heikel ist die aktuelle Situation rund um sein mögliches Comeback in München oder aber seine Verlängerung beim DFB. Was feststeht, ist, dass er die Nationalmannschaft bei der Heim-EM betreuen wird – und in diesem Zusammenhang muss Nagelsmann gefreut haben, was sich am Mittwoch im Süden sowie einen Tag zuvor im Westen abspielte.

Am Dienstag warf Borussia Dortmund nämlich Atlético Madrid aus der Königsklasse und zog erstmals seit elf Jahren ins Halbfinale ein, 24 Stunden später folgte der FCB. So stehen erst zum dritten Mal in der........

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