Jetzt muss also Aston Villa die Ehre der besten Liga der Welt retten. Der Klub aus Birmingham ist der einzige Premier-League-Vertreter, der das Viertelfinale im internationalen Wettbewerb überstanden hat. Villa setzte sich dank Argentiniens Weltmeister-Torwart Emiliano Martínez in der Conference League im Elfmeterschießen gegen Lille durch.

Die Halbfinals von Champions League und Europa League dagegen finden nach dem Aus von Manchester City und des FC Arsenal (Champions League) sowie des FC Liverpool und von West Ham United (Europa League) zum ersten Mal seit 2015 ohne englische Beteiligung statt. Was die Frage aufwirft, ob die Premier League überhaupt noch die beste Liga der Welt ist. Ob sie es jemals war. Ob das überhaupt wichtig ist.

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Fest steht, dass der englische Exodus erfrischend ist für den europäischen Fußball. Wegen ihrer finanziellen Überlegenheit hat die Premier League den internationalen Wettbewerb zuletzt dominiert. In den vergangenen fünf Jahren kam der Champions-League-Sieger dreimal aus England, zweimal wurde er in dieser Zeit in einem rein englischen Finale ermittelt. Dass der Königsklassen-Gewinner diesmal unter Paris Saint-Germain, Borussia Dortmund, dem FC Bayern und Real Madrid ausgespielt wird, ist gut für die internationale Vielfalt, auch wenn diese Klubs natürlich ebenfalls keine mittellosen Außenseiter sind.

Für die Premier League ist der kollektive Kollaps in Europa und die fast sichere Niederlage gegen die Bundesliga im Rennen um einen fünften Champions-League-Platz ein Schlag. Die Liga posaunt gerne die eigene Großartigkeit herum. Das – selbst verliehene – Siegel der besten Liga der Welt hat seine Berechtigung angesichts der Qualität der Spiele von Vereinen wie Manchester City, Arsenal oder Liverpool. Was aber manchmal untergeht, ist die Tatsache, dass der Premier-League-Kalender auch viel Durchschnitt zu bieten hat, viel Sheffield United gegen Bournemouth, Burnley gegen Fulham oder Nottingham Forest gegen Luton Town.

An der Spitze droht die Liga zur Monokultur zu werden. Fünf der vergangenen sechs Meisterschaften gingen an den gleichen Verein, nämlich an Manchester City. In dieser Saison gibt es zum ersten Mal seit zehn Jahren einen Dreikampf um den Titel, doch das Ergebnis könnte das gleiche sein wie fast immer: am vergangenen Wochenende übernahm City die Tabellenführung mit zwei Punkten Vorsprung auf Arsenal und Liverpool.

Die festgefahrenen Verhältnisse an der Spitze werden durch einen Qualitätsverlust am anderen Ende der Tabelle ergänzt. Zwei von drei Absteigern, nämlich Burnley und Sheffield, stehen praktisch seit Wochen fest. Die Farce um willkürlich wirkende Punkt-Abzüge für Everton und Nottingham und die ungeklärten Vorwürfe gegen Manchester City in 115 Anklagepunkten tragen außerdem dazu bei, dass die Premier League gerade kein gutes Bild abgibt. Dass viele Fans in Deutschland mit Abscheu auf den Ausverkauf englischer Klubs an Investoren und Staaten mit problematischer Menschenrechtslage schauen, ist ohnehin bekannt.

Ein seriöses Urteil darüber, ob die Premier League die beste Liga der Welt ist, lässt sich also nicht treffen. Und wahrscheinlich ist es auch gar nicht nötig. „Man schaut die Liga, die man schaut. Man ist Fan der Mannschaft, von der man Fan ist. Die Sache, die man am liebsten mag, muss nicht die beste sein“, schrieb gerade Max Rushden, Moderator des Fußball-Podcasts des Guardian, in ebenjener Zeitung. Soll heißen: die Qualität einer Liga ist subjektiv, und das ist auch gut so.

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Ist die Premier League noch die beste Liga der Welt?

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19.04.2024

Jetzt muss also Aston Villa die Ehre der besten Liga der Welt retten. Der Klub aus Birmingham ist der einzige Premier-League-Vertreter, der das Viertelfinale im internationalen Wettbewerb überstanden hat. Villa setzte sich dank Argentiniens Weltmeister-Torwart Emiliano Martínez in der Conference League im Elfmeterschießen gegen Lille durch.

Die Halbfinals von Champions League und Europa League dagegen finden nach dem Aus von Manchester City und des FC Arsenal (Champions League) sowie des FC Liverpool und von West Ham United (Europa League) zum ersten Mal seit 2015 ohne englische Beteiligung statt. Was die Frage aufwirft, ob die Premier League überhaupt noch die beste Liga der Welt ist. Ob sie es jemals war. Ob das überhaupt wichtig ist.

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