Halle (Saale). „Björn Höcke vor Gericht“ stand auf einem Transparent der meist jungen Demonstrierenden vor dem Justizzentrum Halle am Donnerstag, was ein bisschen absurd war, weil sich diese Forderung zeitgleich im Verhandlungssaal X.01 erfüllte. Und dort gehört Höcke auch hin.

Die AfD und ihre Vertreter tun verstärkt so, als würden Recht und Gesetz in diesem Land nur für sie gelten, wenn es ihnen passt. Für eine politische Gruppierung, die sich „Rechtsstaatspartei“ nennt und „Mut zur Wahrheit“ auf Wahlplakate schreibt, sollte es selbstverständlich sein, die Unabhängigkeit der Justiz zu respektieren.

Ab Donnerstag verhandelt das Landgericht Halle gegen den AfD-Rechtsaußen Björn Höcke. Der hatte die im rechten Kontext verbotene SA-Parole „Alles für Deutschland“ in einer Wahlkampfrede verwendet. Höcke streitet Kenntnis und Vorsatz ab – macht den Prozess aber dennoch zu einem Musterverfahren über Meinungsfreiheit.

Dazu gehört allerdings auch, dass die Verteidigung ihre Strategie frei wählen darf. Sie darf auch versuchen, den Prozess durch immer neue Anträge in die Länge zu ziehen und Knüppel in die Mühlen der Justiz zu werfen.

Ihr – vom Gericht abgelehnter – Antrag, die Hauptverhandlung aufzuzeichnen, klingt zuerst einmal technisch. Ihre Begründung aber zeigt, wie sehr das Anwaltsteam des AfD-Rechtsaußen der Justiz der Bundesrepublik misstraut. In den USA, beim Trump-Prozess, würde die Jury auf ihre politischen Ansichten geprüft, in Deutschland aber sei ihnen verwehrt, die politische Einstellung des Richters abzufragen. Sie sprechen von einem „politisch motivierten“ Prozess, in dem das Gericht „nicht unbefangen urteilen“ könne.

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Der Trump-Vergleich der Anwälte lässt tief blicken: Sie wollen das Höcke-Verfahren ebenso delegitimieren wie Trumps Mannschaft seinen New Yorker Prozess. Genau wie Trump wirbt Höcke bereits um Spenden. „Hier soll ein Exempel statuiert werden“, schreibt er aufgeregt im sozialen Netzwerk Telegram.

Höcke und der AfD sei dringend geraten, diese Angriffe einzustellen. In Halle wird eben kein politischer Musterprozess geführt, sondern schlicht festgestellt, ob Höcke wissentlich gegen das Verbot der Parole einer verbrecherischen Organisation verstoßen hat. Und das hoffentlich ohne Ansehen der Person. So geht Rechtsstaat.

QOSHE - Das Vorgehen von Höcke und seinen Anwälten ist ungehörig - Jan Sternberg
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Das Vorgehen von Höcke und seinen Anwälten ist ungehörig

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18.04.2024

Halle (Saale). „Björn Höcke vor Gericht“ stand auf einem Transparent der meist jungen Demonstrierenden vor dem Justizzentrum Halle am Donnerstag, was ein bisschen absurd war, weil sich diese Forderung zeitgleich im Verhandlungssaal X.01 erfüllte. Und dort gehört Höcke auch hin.

Die AfD und ihre Vertreter tun verstärkt so, als würden Recht und Gesetz in diesem Land nur für sie gelten, wenn es ihnen passt. Für eine politische Gruppierung, die sich „Rechtsstaatspartei“ nennt und „Mut zur Wahrheit“ auf Wahlplakate schreibt, sollte es selbstverständlich sein, die Unabhängigkeit der Justiz zu........

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