Vier statt fünf Tage in der Woche zu arbeiten, macht Menschen Studien zufolge zufriedener, auch produktiver. Und sogar glücklicher. Das ist eine gute Sache. Wäre da nicht die weit verbreitete Anspruchshaltung zu vollem Lohnausgleich: weniger tun, aber nicht weniger Geld verdienen. Welch schönes Füllhorn. Nur passt es nicht zu dem ebenso bestehenden Anspruch an dieses Land. Wir möchten alles jetzt sofort und in alter Qualität. In unserem ja ach so reichen Deutschland, dessen über Jahrzehnte aufgebauten Wohlstand wir gerade verprassen.

Wir stöhnen, wenn wir nicht schnell Hilfe von Handwerksfirmen bekommen. Wir sorgen uns, dass Notaufnahmen in Krankenhäusern überfüllt sind. Wir schimpfen, wenn wir auf Termine bei Behörden oder selbst zum Haareschneiden warten müssen. Von der Bahn ganz zu schweigen, die nicht mehr pünktlich kommt, weil plötzlich Personal ausfällt und kein Ersatz zu finden ist. Wir wissen, dass das alles mit gravierendem Fachkräftemangel zu tun hat. Aber wer fühlt sich schon zuständig? Ist doch wohl die Sache der Unternehmen oder der Politik.

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Dieses Gefühl, sich selbst eher mehr als weniger einzubringen und damit zum großen Ganzen beizutragen, kommt abhanden. Lieber sich selbst weniger verausgaben und mit der Erwartung seinen Bürojob machen, dass der Hund mit ins Büro darf, mittags Yoga angeboten wird und nach Dienstschluss wirklich keine Anfrage mehr kommt. Homeoffice nach Belieben inklusive. Bei vollem Lohnausgleich.

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Es gibt Berufstätige, die dringend eine Arbeitsentlastung brauchen, weil sie ständig über Gebühr beansprucht werden. Pflegekräfte gehören dazu. Es gibt Lebensphasen, in denen Kürzertreten wichtig ist, um alles unter einen Hut zu bekommen. Es fehlt ferner an Anerkennung, dass Mauern und Dachdecken und sonstige körperlich anstrengende Arbeit nicht mehr so einfach von der Hand geht, wenn man alt wird.

Es mag Unternehmen geben, die eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Gehalt schultern können. Andere würden dadurch in die Knie gehen. Wer weniger arbeiten will, soll das umsetzen können, aber dafür Gehaltsabstriche in Kauf nehmen. Bleibt noch die Vorstellung, dass bei Viertagewochen die Hausverwaltung am Montag nicht zu erreichen ist, der Frisörladen am Dienstag zu hat, das Taxi am Mittwoch nicht kommt, die Kitas am Donnerstag geschlossen bleiben und freitags alle schon im Wochenende sind. Made in Germany hatte mal einen anderen Klang. Was ist so schlimm geworden, dass rund 40 Stunden Arbeit in der Woche zu viel erscheinen?

QOSHE - KostenpflichtigKostenpflichtig Viertagewoche? Das kann nicht unser Anspruch sein - Kristina Dunz
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KostenpflichtigKostenpflichtig Viertagewoche? Das kann nicht unser Anspruch sein

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17.04.2024

Vier statt fünf Tage in der Woche zu arbeiten, macht Menschen Studien zufolge zufriedener, auch produktiver. Und sogar glücklicher. Das ist eine gute Sache. Wäre da nicht die weit verbreitete Anspruchshaltung zu vollem Lohnausgleich: weniger tun, aber nicht weniger Geld verdienen. Welch schönes Füllhorn. Nur passt es nicht zu dem ebenso bestehenden Anspruch an dieses Land. Wir möchten alles jetzt sofort und in alter Qualität. In unserem ja ach so reichen Deutschland, dessen über Jahrzehnte aufgebauten Wohlstand wir gerade verprassen.

Wir stöhnen, wenn wir nicht schnell Hilfe von Handwerksfirmen bekommen. Wir sorgen uns, dass Notaufnahmen in Krankenhäusern........

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