Es ist ein beispielloser Vorgang im deutschen Profifußball: Die Deutsche Fußball Liga (DFL) stoppt den Verkauf der Medienrechte. Die Auktion begann am Montag und sollte eigentlich Ende April abgeschlossen sein. Dann hätte feststehen sollen, wer die Bundesliga ab der Saison 2025/2026 für vier Jahre übertragen wird. Doch am Mittwochabend kam der Knall. Obwohl DAZN für das größte Rechtepaket B - die Pay-TV-Rechte der Live-Spiele am Samstag um 15.30 Uhr und Freitagabend (insgesamt 196 Partien) - nach eigenen Angaben „das finanziell attraktivste und überzeugendste Angebot“ abgegeben hat, bekam der Sportstreamingdienst keinen Zuschlag.

In einem Brandbrief Richtung DFL-Führung, die auch an alle 36 Erst- und Zweitligisten ging, warf der Medienkonzern der Liga vor, „Rechtepaket B in unzulässigerweise Weise an den von ihr bevorzugten Bieter zu vergeben und die Mitgliederklubs um ihren Anteil an den zusätzlichen Einnahmen aus dem DAZN-Angebot zu bringen, ohne eine weitere Bieterrunde durchzuführen.“ In den Regularien für die Auktion muss der Zuschlag an denjenigen gehen, dessen Offerte oberhalb des geforderten Mindestpreises und 20 Prozent über der des Zweitbietenden liegt. Die DFL behält sich aber eine Sicherheit per Bankbürgschaft für ein derart hohes Angebot, das im hohen dreistelligen Millionenbereich liegen dürfte, vor. Binnen 24 Stunden konnte - oder wollte - der Streamingdienst diese aber nicht liefern.

Der Zweitbietende - und Profiteur - ist allem Anschein nach Sky. Aktuell hält der Pay-TV-Sender, bei den Bundesliga-Übertragungen noch immer der Platzhirsch, das lukrative Paket B mit den Einzelspielen am Samstag. DAZN zeigt derzeit die Freitags- und Sonntagspartien. Dadurch, dass die Partien am Freitag diesmal in der Ausschreibung Teil des Samstagspakets sind, wollte die DFL ihre beiden Partner aus der Reserve locken und mit diesem Paket deutlich mehr Geld einnehmen.

Doch das, was sich in der Folge nun abspielt, wirft ein schlechtes Licht auf den Ligaverband. Aus der Ferne entsteht der Eindruck, als wolle die DFL ihren langjährigen Partner Sky nicht verprellen, dessen Wohl erheblich vom Fortbestand der wichtigen Live-Rechte an der Bundesliga abhängt.

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Eine Bankbürgschaft zu fordern, um sicherzustellen, dass ein Medienpartner auch wirklich die Zahlungen leisten kann, zu denen er sich mit dem Gebot bei der Ausschreibung verpflichtet, ist ein legitimer Vorgang innerhalb der Ausschreibung. Doch: Im laufenden Rechtezyklus, der mit der Saison 2021/2022 begonnen hat und bis zum Ende der kommenden Spielzeit läuft, wurde vonseiten der damaligen Chefs um Geschäftsführer Christian Seifert darauf verzichtet. DAZN ist im Spitzensport europaweit längst ein zuverlässiger Rechteinhaber. Trotzdem pochte die DFL nun an dieser Stelle auf diese Sicherheit. Warum nur?

Für die Bieter, allen voran DAZN, stellt sich die Situation nun schwierig dar. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der DFL als Partner dürfte aussichtslos sein, nachdem dieser öffentlich angezählt worden ist. Doch (mindestens) in der kommenden Saison wird diese nötig sein. Gesichtswahrend kommt keiner der beiden Parteien nun aus der Situation heraus - das ist fatal.

Ingo Volckmann war vor zehn Jahren der erste Deutsche, der im Ausland einen Verein übernahm. Nun steht er mit Atlético Baleares, einem Drittligisten von Mallorca, vor dem Abstieg in die vierte spanische Liga. Über einen Investorentraum, das Erwachen in der Wirklichkeit – und die Sache mit dem „FC Ballermann“.

Wie es weitergeht, ist schwer vorauszusagen. Eine juristische Auseinandersetzung scheint möglich. Das Bundeskartellamt wird eingeschaltet. Es droht über Monate ein Stillstand. Und das in einer Situation, in der die Bundesliga nach dem gescheiterten Investoren-Deal unter gehörigem finanziellen Druck steht und die TV-Erlöse als wichtigste Einnahmequelle dringend benötigt. Dabei auf ein sehr lukratives Angebot zu verzichten, womit die aktuellen Erlöse durch die nationalen TV-Rechte von jährlich 1,1 Milliarden Euro womöglich sogar gestiegen wären, ist beinahe fahrlässig.

Es ist definitiv kein guter Moment für den deutschen Fußball. Kommunikativ sendet die DFL mit dem gestoppten TV-Poker - wie schon beim Thema Investoren - jedenfalls ein katastrophales Zeichen. Der erhoffte US-Riese wie Amazon oder Apple, den man als möglichen Mitbieter anlocken wollte, wird dieser Vorgang definitiv abschrecken. Nichts weniger als die wirtschaftliche Zukunft der Bundesliga steht mit diesem einmaligen Stopp der Auktion der Medienrechte auf dem Spiel.

QOSHE - KostenpflichtigKostenpflichtig Der Bundesliga droht die nächste Milliarden-Katastrophe - Roman Gerth
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18.04.2024

Es ist ein beispielloser Vorgang im deutschen Profifußball: Die Deutsche Fußball Liga (DFL) stoppt den Verkauf der Medienrechte. Die Auktion begann am Montag und sollte eigentlich Ende April abgeschlossen sein. Dann hätte feststehen sollen, wer die Bundesliga ab der Saison 2025/2026 für vier Jahre übertragen wird. Doch am Mittwochabend kam der Knall. Obwohl DAZN für das größte Rechtepaket B - die Pay-TV-Rechte der Live-Spiele am Samstag um 15.30 Uhr und Freitagabend (insgesamt 196 Partien) - nach eigenen Angaben „das finanziell attraktivste und überzeugendste Angebot“ abgegeben hat, bekam der Sportstreamingdienst keinen Zuschlag.

In einem Brandbrief Richtung DFL-Führung, die auch an alle 36 Erst- und Zweitligisten ging, warf der Medienkonzern der Liga vor, „Rechtepaket B in unzulässigerweise Weise an den von ihr bevorzugten Bieter zu vergeben und die Mitgliederklubs um ihren Anteil an den zusätzlichen Einnahmen aus dem DAZN-Angebot zu bringen, ohne eine weitere Bieterrunde durchzuführen.“ In den Regularien für die Auktion muss der Zuschlag an denjenigen gehen, dessen Offerte oberhalb des geforderten Mindestpreises........

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