Der WM-Held kehrt zurück. Viele waren sich zunehmend sicher, dass Toni Kroos sein Comeback in der DFB-Elf feiern wird. Nun kommt es so. Was der Verband erst zurückhaltend mit einer eher kryptischen Instagram-Story ankündigte, machte der Profi von Real Madrid später selbst auf der Social-Media-Plattform offiziell. „Leute, kurz und schmerzlos“, leitete er seine Ankündigung ein, „ich werde ab März wieder für Deutschland spielen.“

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Bundestrainer Julian Nagelsmann hat also wie erwartet angerufen. Schon in Frankreich (23. März) und gegen die Niederlande (26. März) ist Kroos dabei. Der 34-Jährige mag sich das reiflich überlegt haben – und entschied sich bewusst für diesen Schritt. Befürworter wie sein Real-Coach Carlo Ancelotti („Toni ist unersetzlich“) oder DFB-Sportdirektor Rudi Völler („immer noch ein Weltklassespieler“) gab es reichlich. Gegner aber genauso. Für Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß tritt nun etwas ein, dass er vor wenigen Wochen als „ein ziemliches Titanic-Signal“ bezeichnete.

Und tatsächlich birgt Kroos‘ Comeback ein erhebliches Risiko. Der fünfmalige Champions-League-Gewinner, der mit Deutschland 2014 den WM-Pokal in die Nacht von Rio streckte, bekam in seiner Heimat selten den Respekt, der ihm fraglos gebührt. Die Debatten um „Querpass-Toni“, der das Spiel einschläfere, sind allseits bekannt. Sein (viel zu) kritisch gesehenes Image in Deutschland kann er selbst mit seinem Wunsch, nun die notwendige Euphorie beim kriselnden DFB-Team zu entfachen, kaum umkehren. Scheitert Deutschland mit ihm im Kader wieder früh, dürfte sich seine Hoffnung auf die Anerkennung, die ihm als Retter entgegengebracht werden soll, derweil sogar ins Gegenteil verkehren.

Abgesehen davon, dass das Gruppen-Aus bei der WM 2018 und auch der Achtelfinal-K.o. bei der EM 2021 selbst mit Kroos nicht verhindert werden konnte: Das Problem für die Mannschaft ist dazu noch ein anderes. Er bringt Nagelsmanns Team nichts, was es wirklich dringend braucht. Die Mittelfeldzentrale ist als eine der wenigen Positionen wirklich üppig besetzt.

Liefert der Routinier mit dem Erfolgs-Gen noch so viel fußballerische Qualität mit, wirbelt er das Mannschaftsgefüge wenige Monate vor EM-Start wieder durcheinander. Dabei blieb dem im September angetretenen Nagelsmann sowieso von Beginn an nur wenig Zeit bis Sommer 2024. Der noch recht dienstjunge DFB-Kapitän Ilkay Gündogan wird in der Hierarchie besonders geschwächt, anstatt ihn als Kopf der Mannschaft vor dem Turnier in seiner Rolle zu stärken. Letztlich ist ein furioses Comeback des WM-Helden Kroos deutlich weniger wahrscheinlich als die Rückkehr als hoffnungsvolle EM-Rettung, die am Ende keine ist.

QOSHE - Risikoreiches Comeback: Deutschland braucht Kroos nicht - Roman Gerth
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Risikoreiches Comeback: Deutschland braucht Kroos nicht

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22.02.2024

Der WM-Held kehrt zurück. Viele waren sich zunehmend sicher, dass Toni Kroos sein Comeback in der DFB-Elf feiern wird. Nun kommt es so. Was der Verband erst zurückhaltend mit einer eher kryptischen Instagram-Story ankündigte, machte der Profi von Real Madrid später selbst auf der Social-Media-Plattform offiziell. „Leute, kurz und schmerzlos“, leitete er seine Ankündigung ein, „ich werde ab März wieder für Deutschland spielen.“

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Bundestrainer Julian Nagelsmann hat also wie erwartet angerufen. Schon in Frankreich (23. März) und gegen die Niederlande (26. März) ist Kroos dabei. Der 34-Jährige mag sich das reiflich........

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