Hans-Joachim Watzke hat ganz Recht, wenn er feststellt, dass der deutsche Profifußball „inmitten einer Zerreißprobe“ steht. In den vergangenen Wochen haben die Protestaktionen der organisierten Fanszene gegen die Investorenpläne der DFL und das fehlende kommunikative Fingerspitzengefühl des Ligaverbandes zu Szenen in den Stadien der 1. und 2. Liga geführt, deren langfristige Auswirkungen noch nicht absehbar sind.

Dass nun ausgerechnet das DFL-Präsidium den sogenannten Partnerprozess abräumt, überrascht dennoch. Wie oft hieß es von dort, dass nur das Geld eines Investors den deutschen Fußball konkurrenzfähig in die Zukunft führen werde. Auch am Mittwoch verwies Watzke noch einmal auf die „unternehmerische Notwendigkeit der strategischen Partnerschaft“, deren Aus er gleichzeitig bekanntgeben musste. Nach all den Protesten wäre es weniger überraschend gewesen, wenn der letzte verbliebene Interessent CVC sein Interesse an der Bundesliga aufgrund der Feindseligkeit in Teilen des Publikums verloren hätte.

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Die protestierenden Fans dürfen den Rückzieher der DFL deshalb eindeutig zunächst als Sieg für sich und ihre Interessen verbuchen. Denn am Ende lässt sich das Ergebnis der vergangenen Wochen in folgendem Satz zusammenfassen: Wären keine Tennisbälle geflogen, würde jetzt weiter mit einem Investor verhandelt.

Die Frage für die Zukunft wird nun vor allem sein, wie verantwortungsvoll bestimmte Fangruppen mit ihrem Sieg umgehen werden. Der Schluss liegt schließlich nahe, dass zukünftig jede Entscheidung, die irgendwem missfällt, mit Tennisball-Würfen quittiert wird.

Und was sind die Erkenntnisse des Investorendramas? Die Marke Bundesliga und damit der gesamte deutsche Fußball dürften durch die Unversöhnlichkeit und mangelnde Gesprächsbereitschaft der involvierten Parteien massiv unter den vergangenen Wochen gelitten haben – vor allem was die Reputation im Ausland angeht, die mithilfe des Investorendeals ja eigentlich verbessert werden sollte. Und die Fans wissen einmal mehr, dass sie eine große Macht in den deutschen Stadien besitzen. Mögen sie damit verantwortungsvoll umgehen – und die DFL weitere strategische Partnerschaften in der Zukunft von vorneherein besser kommunizieren.

QOSHE - Nach ihrer Machtdemonstration sind die Fans in der Verantwortung - Sebastian Harfst
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Nach ihrer Machtdemonstration sind die Fans in der Verantwortung

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21.02.2024

Hans-Joachim Watzke hat ganz Recht, wenn er feststellt, dass der deutsche Profifußball „inmitten einer Zerreißprobe“ steht. In den vergangenen Wochen haben die Protestaktionen der organisierten Fanszene gegen die Investorenpläne der DFL und das fehlende kommunikative Fingerspitzengefühl des Ligaverbandes zu Szenen in den Stadien der 1. und 2. Liga geführt, deren langfristige Auswirkungen noch nicht absehbar sind.

Dass nun ausgerechnet das DFL-Präsidium den sogenannten Partnerprozess abräumt, überrascht dennoch. Wie oft........

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