Brüssel. Eine scharfe Kampfansage an den russischen Kriegsherren Wladimir Putin hatten viele Staats- und Regierungschefs angekündigt, als sie zum EU-Gipfel nach Brüssel kamen. Ein klares Zeichen, dass sie fest an der Seite der Ukraine stehen – „so lange und so intensiv wie nötig“, wie sie es in ihrer Abschlusserklärung formulierten. Doch am Ende fiel die EU über ihre eigenen Füße.

„In Vielfalt geeint“, ist das Motto der Europäischen Union, doch „in Vielfalt ungeeint“ trifft es hier besser. 3 Milliarden Euro Zinsen auf eingefrorene russische Vermögen soll die angegriffene Ukraine bekommen – so weit, so einig. Aber der Teufel steckt im Detail. Denn man ist sich ganz und gar nicht einig, wofür die Ukraine die Zinserträge nun genau verwenden darf.

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Die sogenannten neutralen Staaten innerhalb der EU, allen voran Österreich und Ungarn, wollen mit den Zinsen keine Waffen finanzieren, die die Ukrainer gegen russische Truppen richten könnten. Dass einige EU-Mitglieder nach mehr als zwei Jahren völkerrechtswidrigem Angriffskrieg und brutaler Kriegsverbrechen weiter auf ihre von der Realität überholte Neutralität pochen und die EU bremsen, sendet ein fatales Signal nach Moskau.

Ihre halbherzige Unterstützung zwingt die EU zu kreativen Kompromissen, die Zeit und Geld kosten. Der größte Teil der Zinsen soll für Waffen ausgegeben werden, ein kleiner Rest – als Zugeständnis an die Neutralen – für den Wiederaufbau.

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Ob damit aber wirklich die Zweifler unter den EU-Staaten überzeugt werden können, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen. Bis zur finalen Abstimmung gibt es noch genügend Gelegenheiten, das Vorhaben zu verwässern, um auch vom letzten Mitgliedsstaat grünes Licht zu bekommen. Für die Ukraine drängt die Zeit, so manche EU-Spitzen scheinen das zu verdrängen. In Vielfalt geeint, aber auf Kosten der Ukraine.

QOSHE - Europäische Solidarität mit der Ukraine: In Vielfalt (un)geeint - Sven Christian Schulz
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Europäische Solidarität mit der Ukraine: In Vielfalt (un)geeint

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22.03.2024

Brüssel. Eine scharfe Kampfansage an den russischen Kriegsherren Wladimir Putin hatten viele Staats- und Regierungschefs angekündigt, als sie zum EU-Gipfel nach Brüssel kamen. Ein klares Zeichen, dass sie fest an der Seite der Ukraine stehen – „so lange und so intensiv wie nötig“, wie sie es in ihrer Abschlusserklärung formulierten. Doch am Ende fiel die EU über ihre eigenen Füße.

„In Vielfalt geeint“, ist das Motto der Europäischen Union, doch „in Vielfalt ungeeint“ trifft es hier besser. 3 Milliarden Euro........

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