Die kleine Gemeinde Shlomi in Westgaliläa ist eigentlich ein beschaulicher Ort. Doch nicht zu diesen Zeiten. Am vergangenen Wochenende wurden dort 50 Häuser durch Raketeneinschläge der Hisbollah aus dem Libanon beschädigt. Einige so sehr, dass sie unbewohnbar geworden sind. Shlomi liegt unweit der Grenze im hohen Norden Israels.

In der vergangenen Woche begann die Schiitenmiliz damit, schwere Raketen einzusetzen, darunter Burkan- und Falk-1-Flugkörper. »Der Einsatz dieser Geschosse kommt jetzt häufiger vor, und wir sind in echter Gefahr«, so Bürgermeisterin Gaby Neeman. »Wenn eine Burkan-Rakete in einem besiedelten Gebiet landet, kann sie ganze Gebäude zerstören. Ich hatte erwartet, dass wir nach vier Monaten, in denen unsere Armee gegen die Hisbollah kämpft, nicht mehr unter solchem Beschuss stehen würden.« Ihre Forderung: Die israelischen Streitkräfte (IDF) müssten in den Libanon einmarschieren und ihre Stärke demonstrieren.

Beide Seiten sind seit dem 8. Oktober in eine militärische Auseinandersetzung verwickelt, die zusehends eskaliert. Der Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums, Eyal Zamir, besuchte am Mittwoch Städte und Bauernhöfe entlang der libanesischen Grenze, die durch den Beschuss der Hisbollah beschädigt wurden. Die Direktion »Nördlicher Horizont« im Ministerium koordiniert erste Reparaturmaßnahmen in israelischen Städten, sofern die Sicherheitsbedingungen dies zulassen. Derzeit hat die Direktion Hunderte von beschädigten Häusern identifiziert, darunter 80 direkt von Raketen getroffene.

Seit Kriegsbeginn seien mehr als 500 Häuser und Gebäude durch das Feuer der Hisbollah beschädigt, so das Ministerium. Die meisten erlitten durch Granatsplitter oder Druckwellen geringere Schäden, andere seien vollständig zerstört worden.

»Die von der Hisbollah eingesetzten Waffen sind immer ausgefeilter geworden und ähneln nicht mehr denen früherer Kriege.«

In Kiryat Schmona, der größten Stadt in Obergaliläa, weiter östlich, gab es in 43 Häusern direkte Einschläge aus dem Libanon. »Unsere Stadt wird jeden Tag beschossen, und wenn wir nicht getroffen werden, trifft es die Nachbargemeinden«, so Bürgermeister Avichai Stern. »Die von der Hisbollah eingesetzten Waffen sind immer ausgefeilter geworden und ähneln nicht mehr denen früherer Kriege.« Auch er ist der Meinung, Israel müsse eine Offensive starten, um die schiitische Terrorgruppe von der Grenze zu vertreiben. Man dürfe nicht auf unzuverlässige diplomatische Vereinbarungen warten.

Vor zwei Wochen waren bei einem Angriff der schiitischen Terrorgruppe auf die Gemeinde Kfar Yuval zwei israelische Zivilisten getötet und einer verletzt worden. Barak Ayalon (45) und seine Mutter Miri Ayalon (76) starben, als eine Panzerabwehrrakete in ihrem Haus in der Grenzgemeinde einschlug. Die Hisbollah behauptete, sie sei davon ausgegangen, dass sich Militär in dem Haus aufgehalten habe. »Der Preis dafür wird nicht heute nur Abend, sondern auch in Zukunft verlangt werden«, kommentierte IDF-Sprecher Daniel Hagari die Antwort der IDF auf den tödlichen Angriff.

Die Aussicht auf einen umfassenden Krieg zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah versetzt die Menschen auf beiden Seiten der Grenze in Angst und Schrecken, doch einige sehen darin eine unvermeidliche Folge des anhaltenden Krieges Israels gegen die Hamas im Gazastreifen. Allerdings könnte eine solche militärische Auseinandersetzung zerstörerischer sein als alles, was beide Länder je erlebt haben. Die USA versuchen, eine Ausweitung des Konflikts zu verhindern.

Der Krieg von 2006, sechs Jahre nach dem Abzug der israelischen Streitkräfte aus dem Südlibanon, brach aus, nachdem die Hisbollah bei einem grenzüberschreitenden Überfall zwei israelische Soldaten gefangen genommen und mehrere getötet hatte. Durch israelische Bombenangriffe wurden weite Teile des Südlibanon und die südlichen Vororte von Beirut praktisch dem Erdboden gleichgemacht. Die Hisbollah feuerte Tausende Raketen auf Gemeinden im Norden Israels ab. Bei dem Konflikt kamen etwa 1200 Libanesen, überwiegend Zivilisten, und 160 Israelis, überwiegend Soldaten, ums Leben.

QOSHE - »Unsere Stadt wird jeden Tag beschossen« - Sabine Brandes
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»Unsere Stadt wird jeden Tag beschossen«

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01.02.2024

Die kleine Gemeinde Shlomi in Westgaliläa ist eigentlich ein beschaulicher Ort. Doch nicht zu diesen Zeiten. Am vergangenen Wochenende wurden dort 50 Häuser durch Raketeneinschläge der Hisbollah aus dem Libanon beschädigt. Einige so sehr, dass sie unbewohnbar geworden sind. Shlomi liegt unweit der Grenze im hohen Norden Israels.

In der vergangenen Woche begann die Schiitenmiliz damit, schwere Raketen einzusetzen, darunter Burkan- und Falk-1-Flugkörper. »Der Einsatz dieser Geschosse kommt jetzt häufiger vor, und wir sind in echter Gefahr«, so Bürgermeisterin Gaby Neeman. »Wenn eine Burkan-Rakete in einem besiedelten Gebiet landet, kann sie ganze Gebäude zerstören. Ich hatte erwartet, dass wir nach vier Monaten, in denen unsere Armee gegen die Hisbollah kämpft, nicht mehr unter solchem Beschuss stehen würden.« Ihre Forderung: Die israelischen Streitkräfte (IDF) müssten in den Libanon einmarschieren und ihre Stärke demonstrieren.

Beide Seiten sind seit dem 8. Oktober in eine militärische........

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