Kay Nietfeld/dpa

Donald Tusk (l.) und Olaf Scholz am Montag in Berlin

Das war sogar für Berliner Verhältnisse selten dreist. Da kauft die Bundesregierung US-Kampfjets, statt höhere Summen in das deutsch-französische Konkurrenzprojekt FCAS zu stecken. Da initiiert sie eine sich europäisch nennende Flugabwehr, ohne Paris auch nur ernsthaft zu konsultieren, und plant dafür deutsche, US-amerikanische sowie israelische Systeme ein, nicht hingegen das moderne französisch-italienische. Zuvor hatte sie klargestellt, dass sie die polnische Rüstungsindustrie nicht am Bau des deutsch-französischen Kampfpanzers der neuesten Generation zu beteiligen gedenkt. Und dann jettet die Ministerin des Äußersten, Annalena Baerbock, nach Paris, um dort ihre Amtskollegen aus Frankreich und Polen zu belehren, jetzt müsse man aber endlich mal die EU-Militärunion aufbauen und auch Waffen gemeinsam beschaffen. Nun ja. Berlin kann es sich leisten, oder genauer: Es glaubt das wenigstens.

Eins stimmt aber: Der Regierungswechsel in Polen hat die Chancen dafür, in der EU auf rüstungsindustrieller und militärischer Ebene enger zusammenzuarbeiten sowie eine eigene europäische Waffen- und Kriegsmacht aufzubauen, erhöht. Ministerpräsident Donald Tusk sprach am Montag in Berlin mit Kanzler Olaf Scholz über allerlei, ganz besonders aber über Rüstungs- und Militärkooperation. Tusk ist offenbar tatsächlich gewillt, die einseitige Orientierung auf die USA zu modifizieren, die eines der außenpolitischen Markenzeichen der Vorgängerregierung war. Polen ist das einzige östliche EU-Land, das – bislang – am deutsch geführten Aufbau der europäischen Flugabwehr nicht teilnimmt. Scholz und Tusk deuteten an, das solle sich nun ändern. Die Frage ist, ob das mehr heißt, als dass Polen seine im Aufbau steckenden US-»PATRIOT«-Bestände nun auch um deutsche IRIS-T-Abwehrraketen ergänzt. Am Montag war jedenfalls die Rede von stärkerer Rüstungskooperation.

Details blieben freilich, wie so oft, unklar. Tusk, der sich in Berlin sehr für gemeinsame Rüstungsprojekte stark machte, kam direkt aus Paris, wo er mit Präsident Emmanuel Macron über eine enge EU-Militärkooperation gesprochen hatte. Frankreich ist seit je dafür. Deutschland hingegen profitiert von der Zusammenarbeit mit den USA – man denke etwa an die neue Beteiligung von Rheinmetall an der F-35-Produktion. Scholz stellte denn auch klar, EU-Projekte dürften die transatlantische Kooperation nicht beschädigen. Zumindest die Differenzen zwischen Berlin und Paris bestehen also, da mag die Außenministerin noch so emphatisch predigen, fort.

QOSHE - Gemeinsam rüsten - Jörg Kronauer
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Gemeinsam rüsten

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13.02.2024

Kay Nietfeld/dpa

Donald Tusk (l.) und Olaf Scholz am Montag in Berlin

Das war sogar für Berliner Verhältnisse selten dreist. Da kauft die Bundesregierung US-Kampfjets, statt höhere Summen in das deutsch-französische Konkurrenzprojekt FCAS zu stecken. Da initiiert sie eine sich europäisch nennende Flugabwehr, ohne Paris auch nur ernsthaft zu konsultieren, und plant dafür deutsche, US-amerikanische sowie israelische Systeme ein, nicht hingegen das moderne französisch-italienische. Zuvor hatte sie klargestellt, dass sie die polnische Rüstungsindustrie nicht am Bau des deutsch-französischen Kampfpanzers der neuesten Generation zu........

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