Florian Gaertner/IMAGO/photothek

Annalena Baerbock bei einem ungeplanten Stopp im saudiarabischen Dschidda aufgrund einer fehlenden eritreischen Überfluggenehmigung (24.1.2024)

Der künftige EU-Marineeinsatz im Roten Meer wirft seine Schatten voraus. Um ihn geht es, wenn Außenministerin Annalena Baerbock voraussichtlich am Donnerstag in Dschibuti zu Gesprächen mit ihrem dortigen Amtskollegen eintrifft. Das kleine Land an der Meerenge Bab al Mandab wird von den westlichen Staaten traditionell als Marinestützpunkt genutzt, und als solcher dürfte es auch für die bevorstehenden EU-Operationen eine Rolle spielen. Zudem unterhält es enge Beziehungen zum auf der anderen Seite des Bab Al-Mandab liegenden Jemen, und ist derzeit in den Verhandlungen über die Beendigung des Bürgerkriegs im Sudan recht aktiv. Für Berlin ist es also ziemlich nützlich, seine Fühler auszustrecken.

Apropos Sudan: Dass in dem Land Bürgerkrieg herrscht, verbessert die Lage im Roten Meer aus Sicht der westlichen Staaten nicht. An der Westküste liegt zwischen Dschibuti im Süden und Ägypten im Norden Eritrea, das gute Beziehungen zu Russland und China unterhält, und eben Sudan, auch dort ist Moskau um Einfluss bemüht. Hinzu kommt, dass der Krieg die Lage in Sudan schwer kalkulierbar macht – ein ruhiges Hinterland für Operationen im Roten Meer sähe anders aus. Eine gewisse Kontrolle oder wenigstens etwas Einfluss auf das Land zu gewinnen, wäre vorteilhaft für die Bundesregierung, die bekanntlich eine Fregatte ins Rote Meer schicken will. Baerbock bemüht sich auf ihrer Reise darum, vermittelt über die Regierungen Dschibutis, Kenias und Südsudans.

Und dann wäre da noch das leidige Thema, das deutsche Regierungspolitiker inzwischen überallhin verfolgt: Flüchtlinge, die auch vor dem Krieg in Sudan fliehen und die in der EU nicht willkommen sind. Um Flüchtlinge aus Ostafrika aufzuhalten, hatte die EU schon vor Jahren den sogenannten Khartum-Prozess initiiert, in dessen Rahmen, unterstützt aus Brüssel, auch die Rapid Support Forces in Sudan auf Flüchtlingsjagd gingen – Milizen also, von denen einige in den Jahren ab 2003 schlimmste Massaker in Darfur begangen haben. Heute führen sie Krieg in Sudan und treiben damit Menschen auf die Flucht. Baerbock prahlte vor ihrer Abreise, Berlin sei bei der Unterstützung für Flüchtlinge in Sudans Nachbarstaaten zweitgrößter Geber. Nun will sie in Südsudan, einem der ärmsten Länder der Welt, das trotz allem Hunderttausende Flüchtlinge aus Sudan beherbergt, ein Flüchtlingslager besuchen. Kann man den Menschen für ein wenig Geld und warme Worten den Verbleib in Ostafrika schmackhaft machen, dann kommen sie nicht nach Europa. Das lohnt sich aus Sicht Berlins.

QOSHE - Vor dem Flotteneinsatz - Jörg Kronauer
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Vor dem Flotteneinsatz

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24.01.2024

Florian Gaertner/IMAGO/photothek

Annalena Baerbock bei einem ungeplanten Stopp im saudiarabischen Dschidda aufgrund einer fehlenden eritreischen Überfluggenehmigung (24.1.2024)

Der künftige EU-Marineeinsatz im Roten Meer wirft seine Schatten voraus. Um ihn geht es, wenn Außenministerin Annalena Baerbock voraussichtlich am Donnerstag in Dschibuti zu Gesprächen mit ihrem dortigen Amtskollegen eintrifft. Das kleine Land an der Meerenge Bab al Mandab wird von den westlichen Staaten traditionell als Marinestützpunkt genutzt, und als solcher dürfte es auch für die bevorstehenden EU-Operationen eine Rolle spielen. Zudem unterhält es enge Beziehungen zum auf der........

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