Houthi Military Media/Handout via REUTERS

David gegen Goliath: Boote der Ansarollah eskortieren das Frachtschiff Galaxy Leader im Roten Meer (20.11.2023)

Die Ausweitung des Gazakrieges auf die Region ist in vollem Gang. Am Sonntag meldete das Central Command (CENTCOM) der US-Streitkräfte die Versenkung von drei Schnellbooten der jemenitischen Kriegsmarine. Deren Besatzungen, insgesamt mindestens zehn Männer, wurden bei dem Angriff getötet. Die schiitische Ansarollah, die faktisch die einzige funktionierende Regierung im Bürgerkriegsland Jemen stellt, reagierte mit einer Erklärung, in der sie die USA »für alle Konsequenzen verantwortlich« macht. Im eindeutigen Zusammenhang mit dem Zwischenfall meldete der mit Ansarollah in der internationalen »Achse des Widerstands« verbündete Iran die Entsendung eines Kriegsschiffs in das Rote Meer.

Nach Darstellung des ­CENTCOM erfolgte der Angriff mit Kampfhubschraubern auf die jemenitischen Schnellboote »in Selbstverteidigung«, nachdem diese sich einem für die dänische Maersk-Gruppe fahrenden Containerschiff bis auf 20 Meter genähert und es beschossen hatten. Ansarollah hatte angekündigt, aus Solidarität mit den Palästinensern allen Frachtern und Tankern, die Richtung Israel unterwegs sind, die Durchfahrt durch die nur 26 Kilometer breite Meerenge Bab el-Mandab und das Rote Meer zu verwehren. Nach Angaben des CENTCOM gab es in diesem Zusammenhang bisher 24 Fälle, in denen Schiffe von jemenitischen Kräften mit Raketen und Drohnen beschossen wurden, ohne dass es jedoch zu schwerwiegenden Schäden kam. Als Reaktion meiden mehrere große internationale Schifffahrtslinien das Rote Meer.

Es war vorhersehbar, dass die USA diese Lage nicht lange hinnehmen würden: Noch schwerer als der erhebliche Wirtschaftsschaden wiegt der Gesichtsverlust für die »einzige Supermacht«. Militärisch besitzen die USA in der Region eine erdrückende Überlegenheit. Die Bedenken, die die Biden-Administration bisher davon abhielten, diese Dominanz gegen Ansarollah ins Spiel zu bringen, sind politischer Art. Grundsätzlich möchte Washington eine geographische Ausweitung des Gazakrieges vermeiden. Andererseits steht Präsident Joseph Biden unter massivem Druck der Republikaner und der Pro-Israel-Lobby, die ihm vorwerfen, durch »Schwäche« den Iran und dessen Verbündete zu ermutigen.

Dabei ist die angekündigte »internationale Schutzflotte«, an der sich angeblich 20 Staaten beteiligen wollen, nur Dekoration. Im wesentlichen beschränkt sich das Bündnis auf die USA und Großbritannien, vielleicht zusätzlich noch Frankreich. Die britische Sunday Times meldete am Sonntag, dass in allernächster Zeit eine »beispiellose Stellungnahme« der USA und des Vereinigten Königreichs, vermutlich ein Ultimatum, zu erwarten sei. Die Rede ist von Luftangriffen gegen Waffenlager, Raketenabschussanlagen und andere Ziel im Jemen. Ansarollah zeigt sich demgegenüber kampfbereit. In dieser Konstellation droht ein militärischer Konflikt, in den auch der Iran hineingezogen werden könnte.

QOSHE - Eskalation im Roten Meer - Knut Mellenthin
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Eskalation im Roten Meer

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01.01.2024

Houthi Military Media/Handout via REUTERS

David gegen Goliath: Boote der Ansarollah eskortieren das Frachtschiff Galaxy Leader im Roten Meer (20.11.2023)

Die Ausweitung des Gazakrieges auf die Region ist in vollem Gang. Am Sonntag meldete das Central Command (CENTCOM) der US-Streitkräfte die Versenkung von drei Schnellbooten der jemenitischen Kriegsmarine. Deren Besatzungen, insgesamt mindestens zehn Männer, wurden bei dem Angriff getötet. Die schiitische Ansarollah, die faktisch die einzige funktionierende Regierung im Bürgerkriegsland Jemen stellt, reagierte mit einer Erklärung, in der sie die USA »für alle Konsequenzen verantwortlich« macht. Im eindeutigen Zusammenhang mit dem Zwischenfall meldete der mit Ansarollah in der internationalen........

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