IMAGO/Xinhua

Viktor Orbán in Brüssel (15.12.2023)

Eines ist jetzt schon klar: Aus den 50 Milliarden Euro für die Ukraine, die der EU-Gipfel am Freitag doch nicht beschließen konnte, werden mit ziemlicher Sicherheit 80 Milliarden werden. Nämlich die 50, die die Kommission der Ukraine zukommen lassen will, plus die 30, ohne deren Gutschrift sich Ungarns Regierungschef Viktor Orbán zu gar nichts bereitfinden will. Schon seinen kurzfristigen Gang aufs Klo (oder an die Kaffeebar, wie andere Quellen sagen) am Donnerstag, während der Rest der EU in seiner Abwesenheit den Grundsatzbeschluss für die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine fassen konnte, hat er sich mit zehn Milliarden vergolden lassen. Die ihm nach der Rechtsstaatslogik der Brüsseler Kommission eigentlich nicht zustehen, aber bei denen die EU jetzt mal fünf gerade sein lässt. Da ist mit Sicherheit noch mehr drin, zumal Orbán schon angekündigt hat, er werde noch »mindestens 75 Möglichkeiten finden«, den ukrainischen EU-Beitritt zu verhindern.

Man könnte sich über diese Logik des Kuhhandels aufregen, aber sie ist das Funktionsprinzip der europäischen Staatengemeinschaft seit 1956. Auch die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni wird sicherlich nicht von dem Versuch ablassen, mehr EU-Geld für die Flüchtlingsabwehr im Mittelmeer herauszuholen. Dass Olaf Scholz jetzt den Sparkommissar macht und sagt, mehr Geld gebe es ausschließlich für die Ukraine und sonst für gar nichts, setzt ihn sofort der Gegenfrage aus: Warum soll eigentlich gerade die Ukrai­ne die Ausnahme vom allgemeinen »Mer gäbet nix« sein? Weil sie ansonsten kurz vor der Pleite steht? Das käme ja der Wahrheit schon gefährlich nahe. Einschließlich des Rückschlusses, dass die EU in ein Pleiteprojekt investiert, an dem sie sich noch selbst verschlucken kann. So gibt es einstweilen »Hoffnung« für die Ukraine. Die kostet nichts und stirbt als letztes.

QOSHE - Preistreiber des Tages: Viktor Orbán - Reinhard Lauterbach
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Preistreiber des Tages: Viktor Orbán

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17.12.2023

IMAGO/Xinhua

Viktor Orbán in Brüssel (15.12.2023)

Eines ist jetzt schon klar: Aus den 50 Milliarden Euro für die Ukraine, die der EU-Gipfel am Freitag doch nicht beschließen konnte, werden mit ziemlicher Sicherheit 80 Milliarden werden. Nämlich die 50, die die Kommission der Ukraine zukommen lassen will, plus die 30, ohne deren Gutschrift sich Ungarns Regierungschef Viktor Orbán zu gar nichts bereitfinden will. Schon seinen kurzfristigen Gang aufs Klo........

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