Xinhua/IMAGO

Sitzung des UN-Sicherheitsrates am 18. April in New York

Weil ihre verlogene Hinterzimmerdiplomatie nur begrenzten Erfolg hatte, musste die US-Regierung in der Nacht zu Freitag erneut ihr wahres Gesicht zeigen: Während zwölf Mitglieder des UN-Sicherheitsrats für eine palästinensische Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen und damit für die Anerkennung des Staates Palästina stimmten, legte die Biden-Regierung ihr fünftes Veto seit Beginn des Gazakriegs ein. Begründung: Eine solche Entscheidung müsse in Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern getroffen werden.

Die USA, die offiziell eine Zweistaatenlösung anstreben, empfehlen den Palästinensern also, ihr bereits im UN-Teilungsplan von 1947 festgeschriebenes und international anerkanntes Recht in Gesprächen mit einer Regierung auszuhandeln, die in ihrem Koalitionsvertrag postuliert, »das jüdische Volk« habe »ein unanfechtbares Recht auf alle Gebiete des Landes Israel, in Galiläa, im Negev, auf dem [syrischen] Golan, in Judäa und Samaria«. Eine Regierung, die sich zum Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2030 die Siedlerbevölkerung allein in den C-Gebieten des Westjordanlands auf eine Million zu verdoppeln. Und die in den vergangenen sechs Monaten die völkerrechtswidrigen Siedlungen auch in Ostjerusalem mit – laut The Guardian – beispielloser Geschwindigkeit vorangetrieben hat. Sie ließ zu, ja beförderte, dass seit dem Oktober allein in der Westbank mindestens 460 Palästinenser von israelischen Soldaten und militanten Siedlern getötet wurden. Sie macht tagtäglich deutlich, wie recht der palästinensische Intellektuelle Edward Said hatte, als er – in bezug auf die von den USA vermittelten Osloer Abkommen – schon 1993 von einem »palästinensischen Versailles« sprach. Denn damals wurden die besetzten Gebiete zu »umstrittenen« erklärt.

Wie von The Intercept enthüllte Depeschen belegen, lobbyierte Washington im Vorfeld der jüngsten Sicherheitsratsabstimmung nachdrücklich gegen den Resolutionsentwurf, der der UN-Vollversammlung eine Aufnahme Palästinas, das seit 2012 einen Beobachterstatus innehat und von etwa 140 der 193 UN-Mitgliedstaaten anerkannt wird, als Vollmitglied empfiehlt. Ziel ist, das tatsächlich längst verlorene Gesicht zu wahren. Dabei wurde auch deutlich, was für Washington im Zentrum steht: »Normalisierungsabkommen« zwischen Israel und den arabischen Staaten, insbesondere den reaktionären Golfdiktaturen, voranzutreiben. Weil dies, so allen Ernstes die Behauptung in einer der Depeschen, einen »politischen Horizont für das palästinensische Volk« eröffnen könne.

Mit ihrem Agieren liegt die Biden-Regierung voll auf der Linie von Amtsvorgänger Donald Trump. Der präsentierte mit seinem »Jahrhundertdeal« eine Blaupause für die Umsetzung seit Jahrzehnten vorbereiteter israelischer Siedlungs- und Annexionspläne – und feilte zugleich mit den »Abraham«-Abkommen an einer Kriegskoalition gegen den Iran.

QOSHE - Auf Trumps Linie - Wiebke Diehl
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19.04.2024

Xinhua/IMAGO

Sitzung des UN-Sicherheitsrates am 18. April in New York

Weil ihre verlogene Hinterzimmerdiplomatie nur begrenzten Erfolg hatte, musste die US-Regierung in der Nacht zu Freitag erneut ihr wahres Gesicht zeigen: Während zwölf Mitglieder des UN-Sicherheitsrats für eine palästinensische Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen und damit für die Anerkennung des Staates Palästina stimmten, legte die Biden-Regierung ihr fünftes Veto seit Beginn des Gazakriegs ein. Begründung: Eine solche Entscheidung müsse in Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern getroffen werden.

Die USA, die offiziell eine Zweistaatenlösung anstreben, empfehlen den Palästinensern also, ihr bereits im UN-Teilungsplan von........

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