U.S. Navy/Mass Communication Specialist 2nd Class Aaron Lau/Handout via REUTERS

Zerstörer »USS Carney« durchquert den Suezkanal (18.10.2023)

Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das bleibt das Credo der Bundesregierung, die offenbar jede Möglichkeit diplo­ma­ti­scher Bemühungen ad acta gelegt hat. Denn schließlich musste nicht nur die deutsche Sicherheit, wenn auch wenig erfolgreich, am Hindukusch verteidigt werden. Sondern jetzt gilt das auch für deutsche – und natürlich israelische – Waren im Roten Meer. Während die getöteten Kinder im Gazastreifen seit inzwischen zwei Monaten als »Kollateralschaden« abgetan werden – ein paar Krokodilstränen, Israel möge doch das humanitäre Völkerrecht einhalten, inklusive.

Jetzt aber prescht man gern vor. Zwar berichten deutsche Medien, bei der Entwicklung der Bundeswehr-Marineschiffe sei aus Kostengründen auf Langstreckenraketenluftabwehr verzichtet worden, sie könnten darum die Drohnen und Raketen der Ansarollah gar nicht abschießen. Und die älteren Fregatten, die theoretisch in Frage kämen, würden derzeit modernisiert. Trotz der 100 Milliarden Euro Sonderschulden auf Kosten sozialer Belange ist Deutschland also immer noch nicht »kriegstüchtig« (Pistorius) und darum für die von den USA geplante internationale maritime »Schutzkoalition« eigentlich unbrauchbar. Aber Dabeisein ist ja bekanntlich alles.

Jedoch geht es hier keinesfalls um ein wenig Herumschippern in wärmeren Gefilden. Der längst tobende regionale Krieg könnte sich jederzeit gefährlich intensivieren und ausweiten. Sowohl die Ansarollah als auch der Iran haben das deutlich gemacht. Und weder die USA noch Israel schließen ein direktes militärisches Vorgehen aus. Der Bundesregierung, die im Ukrai­ne-Krieg am Rockzipfel der USA seit nunmehr fast zwei Jahren mit dem Feuer spielt und sich längst zur Kriegspartei gemacht hat, muss klar sein: Schickt sie die Bundeswehr ins Rote Meer, gefährdet sie erneut die weltweite Sicherheit und damit auch die der eigenen Bevölkerung. Ein klarer Verstoß gegen ihren Amtseid, an den ihre Vertreter sich aber nicht zu erinnern scheinen.

Dabei muss man das Vorgehen der Ansarollah nicht befürworten, um zu verstehen: Ihre Rechnung ist einfach. Zu jeder erdenklichen Gelegenheit erklären sie, nach welchen Kriterien sie ihre Angriffsziele auswählen. Und vor allem – ganz anders als etwa beim westlichen Wirtschaftskrieg, der Russland »ruinieren« sollte (noch so ein Misserfolg!) – ist die Exitmöglichkeit klar definiert: Sobald der Krieg gegen den Gazastreifen endet, werden die Angriffe auf Israel und Schiffe mit Israel-Bezug eingestellt. Sobald die hungerleidende Bevölkerung im Gazastreifen wieder mit Nahrungsmitteln und Medikamenten versorgt wird, endet der Beschuss von Frachtern mit dem Ziel Israel.

Diejenigen, die die Fortsetzung der Tötung von Zivilisten im Gazastreifen politisch, militärisch und vor allem mit Waffenlieferungen unterstützen, hätten es in der Hand. Wenn sie denn nur wollten.

QOSHE - Krieg statt Diplomatie - Wiebke Diehl
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Krieg statt Diplomatie

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17.12.2023

U.S. Navy/Mass Communication Specialist 2nd Class Aaron Lau/Handout via REUTERS

Zerstörer »USS Carney« durchquert den Suezkanal (18.10.2023)

Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das bleibt das Credo der Bundesregierung, die offenbar jede Möglichkeit diplo­ma­ti­scher Bemühungen ad acta gelegt hat. Denn schließlich musste nicht nur die deutsche Sicherheit, wenn auch wenig erfolgreich, am Hindukusch verteidigt werden. Sondern jetzt gilt das auch für deutsche – und natürlich israelische – Waren im Roten Meer. Während die getöteten Kinder im Gazastreifen seit inzwischen zwei Monaten als »Kollateralschaden« abgetan werden – ein paar Krokodilstränen, Israel möge doch das humanitäre Völkerrecht einhalten, inklusive.

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