Die FDP will die Steuern für Überstunden senken und die Empörung von Gewerkschaften über SPD bis zur Linken ist zu Recht groß. Denn klar ist, dass die neoliberale Partei damit einer Entgrenzung der Arbeit das Wort redet. Dem Kapital soll so genügend Menschenmaterial zur Verfügung gestellt werden, um den akuten Arbeitskräftemangel zu beheben. Doch die Debatte verläuft schief, wenn der FDP die deutsche Arbeitsmoral vorgehalten und die über den grünen Klee gelobt wird, wie aus der Sozialdemokratie zu hören ist. Sie ist Teil des Problems.

Sinnvoller wäre es, die Arbeitskämpfe für mehr Lohn und weniger Arbeit tatkräftig zu unterstützen. Denn darauf ist der Vorstoß der FDP eine Angstreaktion. Dann könnte auch das Versprechen auf ein gutes Leben jenseits von Kapital und Lohnarbeit wieder mehr verfangen. Bis dahin wäre ein Anfang, wenn Unternehmen dazu verpflichtet würden, die 700 Millionen jährlich geleisteter Überstunden zu entlohnen. Und dann wären da noch die mehr als 1500 Stunden an unbezahlter Reproduktionsarbeit, die Frauen jedes Jahr zusätzlich leisten.

Berlin. Die Forderung der FDP zur steuerlichen Begünstigung von Überstunden stößt bei Gewerkschaften auf Ablehnung. »Verrückte Ideen wie steuerfreie Überstunden laden gerade dazu ein, entweder Vollzeitarbeit zu verdrängen oder die geschlechterungleiche Verteilung von Arbeit noch weiter anzukurbeln«, sagte DGB-Chefin Yasmin Fahimi den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Wer den Fachkräftemangel wirksam bekämpfen wolle, solle dafür sorgen, dass mehr Eltern in Vollzeit arbeiten können, fuhr sie fort. Dafür brauche es vor allem mehr und bessere Kinderbetreuung. »Es ist vollkommen wirklichkeitsfremd, die Arbeitsmoral der Beschäftigten infrage zu stellen: Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland mehr als 1,3 Milliarden Überstunden geleistet, weit mehr als die Hälfte davon war unbezahlt«, sagte Fahimi. Die FDP hatte am Montag in einem Fünf-Punkte-Papier unter anderem gefordert, die Steueranreize zum Leisten von Überstunden zu verbessern. AFP/nd

QOSHE - Angstreaktion der FDP - Felix Sassmannshausen
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Angstreaktion der FDP

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09.04.2024

Die FDP will die Steuern für Überstunden senken und die Empörung von Gewerkschaften über SPD bis zur Linken ist zu Recht groß. Denn klar ist, dass die neoliberale Partei damit einer Entgrenzung der Arbeit das Wort redet. Dem Kapital soll so genügend Menschenmaterial zur Verfügung gestellt werden, um den akuten Arbeitskräftemangel zu beheben. Doch die Debatte verläuft schief, wenn der FDP die deutsche Arbeitsmoral vorgehalten und die über den grünen Klee gelobt wird, wie aus der........

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