Paukenschlag. In der ÖVP -und auch anderen Parteien -rechnete man die längste Zeit, dass Sebastian Kurz im Falle eines Freispruches in seiner Anklage wegen Falschaussage in die Politik zurückdrängen könnte. Dann, so sagten es einige Türkise, würde der Ruf aus der Partei nach einem Comeback von Kurz -weitere Ermittlungsverfahren hin oder her -wieder sehr laut werden. Vor allem, wenn die ÖVP bei der EU-Wahl am 9. Juni auf Platz drei fallen sollte.

Die weit gefährlichere Variante für die ÖVP - auch wenn sie das nicht am Radar hatte -ist aber der Schuldspruch, der jetzt gegen Kurz gefallen ist. Klingt unlogisch? Ist es aber nicht, berichten engste Vertraute von Kurz. Bereits vor dem letzten Prozesstag gegen ihn am Freitag sagte ein Kurz-Intimus ÖSTERREICH: "Wenn er verurteilt wird, wird ihm der Kragen platzen und er mit einer eigenen Liste in die Politik zurückkehren."

Vorbild Macron und Trump. Das ist eine Variante, mit der Wegbegleiter des einstigen Ober-Türkisen bereits seit längerem rechnen. Er werde "sich sicher nicht mehr den Landeshauptleuten unterordnen. Er würde ein Modell Macron versuchen." Aber trotz eines Schuldspruches? "Gerade dann, dann will er es allen zeigen, und zwar gerade der Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft." Das wäre dann freilich das Modell Donald Trump, gegen den bekanntlich unzählige Verfahren laufen und der stets laut polternd und drohend durch das Land zieht und damit zumindest bei seiner Wählerklientel sogar ankommt.

Worst Case für ÖVP, aber auch für Kickl. "Dann würde er die ÖVP ruinieren", schlägt ein langjähriger ÖVP-Politiker die Hände über dem Kopf zusammen. Und fragt: "Mit welchem Ziel? Kanzler könnte er so nicht werden."

Wenn es ihm allerdings um Rache ginge, wäre das freilich eine effektive Methode. Zudem könnte er - glauben Vertraute von Kurz - mit dieser "Rächer gegen Polit-Justiz"-Legende auch FPÖ-Chef Herbert Kickl wieder Stimmen abspenstig machen.

Seine Firmenbeteiligungen und Investments könnte er weiter verfolgen -trotz Politik-Einstiegs. Nicht alle im Umfeld von Kurz sind von seinen Listen-Plänen überzeugt. Aber: Einer erklärt, dass er mit dieser Mischung aus Emotion und Kalkül "was gegen die WKStA ausrichten könnte. Vor allem wenn ein Schuldspruch in einem Berufungsverfahren aufgehoben würde."

Dass er wirklich glücklich wäre, mit einer 15- Prozent-Partei einfach im Parlament zu sitzen, bezweifeln wieder andere in der ÖVP.

Klar ist jedenfalls, dass Sebastian Kurz -ganz unabhängig vom Gerichtsurteil und Ermittlungsverfahren gegen ihn -schlicht noch nicht mit der Politik abgeschlossen hat.

Die meisten in seiner bisherigen Partei dachten aber, dass er erst nach ein paar Jahren zurückkehren werde.

Kurz, der 12 Prozesstage hinter sich hat, hat freilich noch ein anderes Vorbild: Israels Benjamin Netanjahu, der trotz Niederlagen und Anklagen immer wieder doch Wahlen gewinnen und als Premierminister zurückkehren konnte.

Geld hätte er offenbar genug. Doch wie würde er diese eigene Liste überhaupt finanzieren? Große Spenden dürfte er gar nicht annehmen. "Er hat mittlerweile mehr als genug. Und wenn es ihm um Rache gegen die Justiz und alle, die sich von ihm abgewandt haben, geht, könnte er eben auch eigenes Geld für seine Liste investieren und damit antreten."

So oder so schweben über Kurz freilich auch andere Anklagen. Ob er sich seinen "Ich gegen alle"-Plan noch einmal überlegt, wenn die ersten Emotionen verraucht sind?

QOSHE - Kurz-Intimus: "Dann wird Kurz mit eigener Liste antreten" - Isabelle Daniel
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Kurz-Intimus: "Dann wird Kurz mit eigener Liste antreten"

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26.02.2024

Paukenschlag. In der ÖVP -und auch anderen Parteien -rechnete man die längste Zeit, dass Sebastian Kurz im Falle eines Freispruches in seiner Anklage wegen Falschaussage in die Politik zurückdrängen könnte. Dann, so sagten es einige Türkise, würde der Ruf aus der Partei nach einem Comeback von Kurz -weitere Ermittlungsverfahren hin oder her -wieder sehr laut werden. Vor allem, wenn die ÖVP bei der EU-Wahl am 9. Juni auf Platz drei fallen sollte.

Die weit gefährlichere Variante für die ÖVP - auch wenn sie das nicht am Radar hatte -ist aber der Schuldspruch, der jetzt gegen Kurz gefallen ist. Klingt unlogisch? Ist es aber nicht, berichten engste Vertraute von Kurz. Bereits vor dem letzten Prozesstag gegen ihn am Freitag sagte ein Kurz-Intimus ÖSTERREICH: "Wenn er verurteilt wird, wird ihm der Kragen platzen und er mit einer eigenen Liste in die Politik........

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