O. J. Simpson ist gestorben. Er war der wohl bekannteste Promi, der als (angeblicher) Mörder berühmt wurde. Gypsy Rose Blanchard ist das neuste Beispiel. Nach acht Jahren im Knast ist sie jetzt frei – und plötzlich Promi.

Ich beantworte meine Frage gleich zum Start mal selbst: Um Promi zu sein, braucht es einzig und allein Aufmerksamkeit. So einfach ist es. Ob man tatsächlich etwas kann, ist relativ wurst. Wichtig ist, dass man erkannt wird. Roger Federer ist ein Promi, aber auch SRF-Moderatoren und sogar «Bachelor»-Kandidaten dürfen über den eint oder anderen roten Teppich stolpern. In den USA ist Gypsy Rose Blanchard ein Promi. Eine Frau, die ihre Mutter hat töten lassen.

Dass Mörder berühmt werden, ist nicht neu. Sogar Charles Manson hatte Groupies. Aber er starb hinter Gittern. Anders als Gypsy. Ihre Mutter redete ihr jahrelang ein, sie sei schwer krank, setze ihre Tochter in den Rollstuhl, liess sie operieren, künstlich ernähren – dabei war all das nie nötig. Und als Gypsy sich nicht länger kontrollieren lassen wollte, beauftragte sie ihren damaligen Freund, ihre Mutter zu töten. Dafür bekam er lebenslänglich. Währenddessen ist Gypsy wieder frei. Oder zum ersten Mal überhaupt. Und doch wird sie ständig beobachtet.

Vor fast 30 Jahren ging es O. J. Simpson ähnlich. Er war zwar zuvor schon als Football-Spieler bekannt, aber bis heute bleibt er als Mörder in Erinnerung. Obwohl er – anders als Gypsy – freigesprochen wurde. Auch, weil der Prozess damals zum TV-Ereignis wurde. Hätte es Social Media schon gegeben, wäre er quasi viral gegangen. Und auch danach hätte er wohl Millionen Follower gehabt. Stattdessen tat er, was man damals halt machte, um im Gespräch zu bleiben: Er schrieb er ein Buch mit dem bescheuerten Titel «Wenn ich es getan hätte». Nicht unbedingt schlau, aber O. J. blieb Promi. Wenn auch nicht aus dem besten Grund.

Apropos: Bei seinem Prozess wurde auch erstmals der Name Kardashian laut. Denn Kim Kardashians Papa war ein enger Freund von O. J. und machte in seinem Anwaltsteam mit. Angeblich hat er O. J. auch davon abgehalten, sich in Kims Kinderzimmer das Leben zu nehmen, als er vor der Polizei flüchtete. Und so schliesst sich der Kreis. Irgendwie. Heute ist Kim Promi. Ohne Grund, aber immerhin ohne Mord.

So gesehen braucht es nicht viel, um ein Promi zu werden. Um aber keiner mehr zu sein, ist manchmal mehr nötig. Anders als Kim hat Gypsy Rose Blanchard ihre öffentlichen Accounts auf Instagram und TikTok bereits nach ein paar Monaten wieder gelöscht. Trotz über 8 Millionen Followern. «Ich will mein Leben nicht unter dem Mikroskop leben», sagte sie und bezeichnete die sozialen Medien als «Tor zur Hölle».

Warum Leute überhaupt so an ihr interessiert sind, verstehe sie sowieso nicht: «Ich sehe mich selbst nicht als berühmt. Für was auch? Ich habe etwas Schlimmes getan und versuche, mich zu bessern.» Faszinierenderweise hat sie damit so manchen Menschen etwas voraus. Mittlerweile hat sie sich übrigens die Haare blondiert und die Nase machen lassen. Mal schauen, ob’s hilft oder ob wir in 30 Jahren auch noch von ihr reden.

QOSHE - Was braucht es eigentlich, um Promi zu sein? Manchmal ist es ein Mord - Nadja Zeindler
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Was braucht es eigentlich, um Promi zu sein? Manchmal ist es ein Mord

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12.04.2024

O. J. Simpson ist gestorben. Er war der wohl bekannteste Promi, der als (angeblicher) Mörder berühmt wurde. Gypsy Rose Blanchard ist das neuste Beispiel. Nach acht Jahren im Knast ist sie jetzt frei – und plötzlich Promi.

Ich beantworte meine Frage gleich zum Start mal selbst: Um Promi zu sein, braucht es einzig und allein Aufmerksamkeit. So einfach ist es. Ob man tatsächlich etwas kann, ist relativ wurst. Wichtig ist, dass man erkannt wird. Roger Federer ist ein Promi, aber auch SRF-Moderatoren und sogar «Bachelor»-Kandidaten dürfen über den eint oder anderen roten Teppich stolpern. In den USA ist Gypsy Rose Blanchard ein Promi. Eine Frau, die ihre Mutter hat töten lassen.

Dass Mörder berühmt werden, ist nicht neu. Sogar Charles Manson hatte Groupies. Aber........

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