Trotz Krebsdiagnose erntet König Charles üble online Kommentare. Auch Taylor Swifts Ex-Freund wird gehated, weil er «sie nicht hat wachsen lassen». Genauso Sofía Vergaras Ex-Mann, der «schon wieder» eine neue Freundin hat. Dahinter stecken oft Frauen, sogenannte «nice Girls». Und sie gehen mir auf den Sack.

Kaum wurde bekannt, dass König Charles III. an Krebs erkrankt ist, hagelte es auf den sozialen Medien fiese Kommentare à la «Diana leistet im Himmel Überstunden». Nicht wenige meinten, er habe das verdient. Und ich habe mich gewaltig aufgeregt. Doch er war nicht der einzige Promi-Mann, der gerade den Zorn von Hatern zu spüren bekommt, die sich für starke Frauen halten.

Eins vorneweg: Ich will eigentlich nicht über Frauen motzen. Ich finde Gleichstellung super, ich applaudiere starken Frauen und ich sehe mich als Feministin. Das tun diese Schreihälse allerdings auch und sie machen mich damit sauer. Denn sie sind «nice Girls».

Das Phänomen der «nice Guys» kennt man langsam: Männer, die von sich behaupten, «einer der Netten» zu sein, es aber nicht sind. Bei «nice Girls» verhält es sich ähnlich. Sie glauben, nur das Beste zu verdienen. Einfach, weil sie Frauen sind. Ein Beispiel: Sie fragen Männer online nach ihrer Körpergrösse und machen sich über sie lustig, wenn sie sie als zu klein empfinden. Umgekehrt werden sie aber sauer, wenn sie von ihnen auf ihr Gewicht angesprochen werden. Das sei schliesslich etwas ganz anderes. Sie sind «die Guten», Männer «die Schlechten». Und das gilt auch für ihre Idole und deren böse Ex-Partner.

Zum Beispiel Joe Alwyn. Kennen Sie nicht? Kein Wunder. Der Ex-Freund von Taylor Swift war so zurückgezogen und privat wie keiner vor ihm. Die Beziehung endete zwar schon letzten April, aber jetzt hat die Sängerin ein neues Album angekündigt und darin geht es, so sind Fans überzeugt, vor allem um ihn. An sich nichts neues, Swift hat wie kaum jemand anderes eine ganze Karriere aus ihrem Liebesleben gemacht – und sich damit eine treu ergebene Fangemeinde aufgebaut. Das ist übrigens kein Vorwurf.

Doch Taylors Fans glauben oft, sehr viel über ihr Liebesleben zu wissen – dank ihren Songs. Man könnte behaupten, dass sie ihre Swifties auch ein bisschen dazu anstachelt. Schliesslich ist Taylor ein PR-Profi. So hat sie während der Beziehung von der intimen Zweisamkeit geschwärmt, doch als sie mit Football-Spieler Travis Kelce zusammenkam und das sehr öffentlich zeigte, meinte sie: «Dass ich mich mehrere Jahre in einem Haus eingeschlossen habe - diese Zeit werde ich nie wieder zurück bekommen.»

Klar kann man seine Meinung ändern, doch die Interpretation mancher Fans ist in Stein gemeisselt: «Joe hat Taylor ruiniert, er hat sie zum Schweigen gebracht.» Oder: «Sie wurde so lange weggesperrt, um seinen Wünschen zu erfüllen.» Und: «Er sollte dafür bestraft werden, dass er sie nicht hat wachsen und blühen lassen.»

Joe was literally ruining Taylor, its clear he had taylor silenced
"but daddy i love him" being an exact reference to the little mermaid because of ariel giving up her voice to be with the love of her life
And also taylor felt identified with clara bow for being a silent actress. pic.twitter.com/6UpXH6Ci6Z

Mal abgesehen davon, wie bescheuert diese Kommentare sind, sind sie auch schlichtweg falsch. Taylor hat sich zurückgezogen, bevor sie Joe kennenlernte und war während der Beziehung auch auf Tour und gab tonnenweise Konzerte. Aber egal. Weiter zum nächsten Aufreger.

«Modern Family»-Star Sofía Vergara hat verlauten lassen, dass sie sich nicht für die neue Beziehung ihres Ex-Mannes Joe Manganiello interessiert. So weit, so vernünftig. Doch die Hater stören sich daran, dass der aus «Magic Mike» bekannte Schauspieler «so schnell» wieder eine neue Frau an seiner Seite hat. Denn: «Männer können nicht alleine sein.» Sie seien schwach und sowieso sei Sofia «viel zu schön und erfolgreich, um sich um einen mittelmässigen Mann zu sorgen.»

Liebe Hater: Habt ihr zu heiss gebadet? Feministinnen galten lange genug als hysterische Weiber und als zu emotional zum Denken. Glücklicherweise ist das Wort «Feministin» heute immerhin keine Beleidigung mehr, aber es ist ein schmaler Grat, vor der breiten Öffentlichkeit nicht wieder in Ungnade zu fallen. Diese peinlichen Kommentare sind nicht hilfreich!

Das Jahr 2024 ist zwar noch jung, doch zumindest die ersten zwei Monate standen auf fabelhafte Weise im Zeichen der Frauen. Bei den Grammys haben überwiegend weibliche Musikerinnen abgeräumt, mit dem «Barbie»-Film wurde ein Werk von Frauen über Frauen (und Ken) für mehrere Oscars nominiert und 40 Ikonen zieren das aktuelle Cover der britischen «Vogue». Das gilt es zu feiern.

Um für Frauen zu sein, muss man nicht automatisch gegen Männer motzen. Feminismus hat nichts mit Hass (auf Männer) zu tun. Sie sind nicht die Bösen, genauso wie wir Frauen nicht durchwegs gut sind. Denn egal ob Mann oder Frau, jeder kann ein – Entschuldigung – Arschloch sein. Oder eben «nice».

QOSHE - Online Hass auf Promi-Männer: Das ist nicht feministisch, sondern nur fies - Nadja Zeindler
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Online Hass auf Promi-Männer: Das ist nicht feministisch, sondern nur fies

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11.02.2024

Trotz Krebsdiagnose erntet König Charles üble online Kommentare. Auch Taylor Swifts Ex-Freund wird gehated, weil er «sie nicht hat wachsen lassen». Genauso Sofía Vergaras Ex-Mann, der «schon wieder» eine neue Freundin hat. Dahinter stecken oft Frauen, sogenannte «nice Girls». Und sie gehen mir auf den Sack.

Kaum wurde bekannt, dass König Charles III. an Krebs erkrankt ist, hagelte es auf den sozialen Medien fiese Kommentare à la «Diana leistet im Himmel Überstunden». Nicht wenige meinten, er habe das verdient. Und ich habe mich gewaltig aufgeregt. Doch er war nicht der einzige Promi-Mann, der gerade den Zorn von Hatern zu spüren bekommt, die sich für starke Frauen halten.

Eins vorneweg: Ich will eigentlich nicht über Frauen motzen. Ich finde Gleichstellung super, ich applaudiere starken Frauen und ich sehe mich als Feministin. Das tun diese Schreihälse allerdings auch und sie machen mich damit sauer. Denn sie sind «nice Girls».

Das Phänomen der «nice Guys» kennt man langsam: Männer, die von sich behaupten, «einer der Netten» zu sein, es aber nicht sind. Bei «nice Girls» verhält es sich ähnlich. Sie glauben, nur das Beste zu verdienen. Einfach, weil sie Frauen sind. Ein Beispiel: Sie fragen Männer online nach ihrer........

© Solothurner Zeitung


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