Artikel vom 03.02.2024

Wie mehrere Medien den Vorstoß des Wirtschaftsministers im Bundestag falsch analysierten. Und warum der Vorschlag des Grünen für ein „Sondervermögen“ die Unternehmer letztlich noch stärker belasten würde.

„Steuersenkung, die“ wird im Duden definiert als „Senkung von Steuern“. Eine solche habe Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Planung, berichten mehrere Medien, und dazu suche er Unterstützung bei der Union.

Das war geschehen: In der Bundestagsdebatte am Donnerstag hatte Habeck auf den Koalitionsvertrag verwiesen, in dem auf Druck der FDP ein Festhalten an der Schuldenbremse vereinbart worden war. „Ich weiß natürlich“, so Habeck vor allem in Richtung der Union, „dass eine Diskussion über die Schuldenbremse bei den derzeitigen Möglichkeiten nicht richtig ist. Aber es gibt vielleicht einen Weg, in diesem Sinne zusammenzukommen: Was wäre, wenn wir ein Sondervermögen einführen würden, um die strukturellen Probleme zu lösen? Das dann über das ausgezahlt wird, was die Unternehmen zu Recht wollen, nämlich über Tax Credits, um Steuervergünstigungen, steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten zu schaffen? Das ist das, was ich aus der Wirtschaft, von der Opposition, von den Liberalen höre. Ein Wachstumschancengesetz mal 10, vielleicht mal 50, um dieses Land nach vorne zu bringen. Was wir dazu brauchen, ist ein gemeinsames Gespräch. Um das bitte ich, und zu dem lade ich ein.“

Manche Medien zeigten sich beeindruckt. „Steuern: Habeck plant große Senkungen“, vermeldete etwa „Berlin.Table“. Oder: „Weniger Steuern, mehr Abschreibungen“, überschrieb der „Tagessspiegel“ seinen Artikel zum Thema. Und „T-Online“ analysiert: „Habeck lockt die Union mit etwas, zu dem sie nur schlecht Nein sagen kann: Wenn er den Firmen das Geld schon nicht per Klimasubvention überweisen kann, dann sollen sie doch wenigstens mehr Mittel für Investitionen zur Verfügung haben, weil sie weniger Steuern zahlen müssen.“

Doch in Wirklichkeit geht es natürlich nicht um die Senkung von Steuern. Es geht um die Anhäufung neuer Schulden, einmal mehr unter dem in Mode gekommenen Verschleierungsbegriff eines „Sondervermögens“, und um die Umverteilung der daraus erwarteten Gelder an Unternehmen. Aber eines Tages müssten die Bürger das angebliche Sondervermögen natürlich zurückzahlen, und das würde die Steuerlast insgesamt erhöhen, keineswegs senken. Es geht also nicht um „weniger Steuern“, sondern um mehr Steuern, und nicht um „große Senkungen“, sondern teure Umverteilung. Sollten einzelne Firmen dadurch wirklich entlastet werden, würde die Gesamtheit, einschließlich der Mitarbeiter und der Kunden dieser Firmen, perspektivisch stärker zur Kasse gebeten.

Die mitregierende FDP hat diesem erneuten Subventionsplan eine direkte Absage erteilt, die oppositionelle Union, die angeblich „nur schlecht“ dazu nein sagen kann, war ebenfalls sehr eindeutig. „Deutschland braucht keine neuen Sonderschulden zur Verlängerung des Ampel-Elends“, ließ CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt dpa wissen: „Unternehmen brauchen jetzt die Ausweitung des Energieangebots statt der Verknappung, die Senkung der Unternehmenssteuern statt Steuererhöhungen und weniger Bürokratie statt immer neuem Ampel-Irrsinn. Habecks Ruf nach immer neuen Schulden bekommt von uns eine klare Absage.“ Ähnlich klang es aus der CDU. „Der Standort Deutschland ist in Gefahr“, warnte Unionsfraktionsvize Jens Spahn.

Diese Sorgen um den erneut „kranken Mann Europas“ teilen Wirtschaftsexperten weltweit. Statt neuer Schulden und neuer Subventionen brauchen die Unternehmen weniger Bürokratie, weniger Berichtspflichten, weniger Auflagen, niedrigere Steuern. Und preiswertere Energie, die aber sogar teurer wird, wenn man – wie es der Wirtschaftsminister im vorigen Jahr verfügte – die letzten drei Kernkraftwerke Deutschlands mutwillig vom Netz nahm, nur um dem grünen Parteiprogramm Genüge zu tun.

Klugen Journalisten ist übrigens auch aufgefallen, dass der Wirtschaftsminister keineswegs eine Steuersenkung im Sinn hat, sondern die Umgehung der Schuldenbremse, um noch mehr Subventionen verteilen zu können. Gerd-Joachim von Fallois, Korrespondent von „Phoenix“ im ARD-Hauptstadtstudio, kommentierte live nach dem Auftritt des Redners: „Die Wirtschaftszahlen in Deutschland sind verheerend. Deutschland gleitet in die Rezession, es stimmt etwas nicht. Und dem zuständigen Bundesminister fällt nur ein, dass man mehr Geld besorgen muss, um mehr Subventionen auszuschütten. Robert Habeck.“

QOSHE - Missverständnis in Berlin: Nein, Robert Habeck hat keine Steuersenkung vorgeschlagen - Ansgar Graw
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Missverständnis in Berlin: Nein, Robert Habeck hat keine Steuersenkung vorgeschlagen

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03.02.2024

Artikel vom 03.02.2024

Wie mehrere Medien den Vorstoß des Wirtschaftsministers im Bundestag falsch analysierten. Und warum der Vorschlag des Grünen für ein „Sondervermögen“ die Unternehmer letztlich noch stärker belasten würde.

„Steuersenkung, die“ wird im Duden definiert als „Senkung von Steuern“. Eine solche habe Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Planung, berichten mehrere Medien, und dazu suche er Unterstützung bei der Union.

Das war geschehen: In der Bundestagsdebatte am Donnerstag hatte Habeck auf den Koalitionsvertrag verwiesen, in dem auf Druck der FDP ein Festhalten an der Schuldenbremse vereinbart worden war. „Ich weiß natürlich“, so Habeck vor allem in Richtung der Union, „dass eine Diskussion über die Schuldenbremse bei den derzeitigen Möglichkeiten nicht richtig ist. Aber es gibt vielleicht einen Weg, in diesem Sinne zusammenzukommen: Was wäre, wenn wir ein Sondervermögen einführen würden, um die strukturellen Probleme zu lösen? Das dann über das ausgezahlt wird, was die Unternehmen zu Recht wollen, nämlich über Tax Credits, um Steuervergünstigungen,........

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