Artikel vom 11.12.2023

Der amerikanische Immobilientycoon ließ seinen Konkurrenten Kwek Leng Beng aus Singapur im New Yorker Plaza-Hotel abhorchen. Trotzdem konnte er den Asiaten nicht stoppen.

Beide sind Immobilien-Milliardäre, beide mit einem Fokus auf Hotels, beide die Nachfahren von Einwanderen – und doch können Unternehmerpersönlichkeiten kaum unterschiedlicher sein als Donald Trump in New York und Kwek Leng Beng in Singapur. Provozierendes Großmaul der eine, respektierter Workaholic der andere. Trump liebt den luxuriösen Auftritt und das Reisen mit riesigem Gefolge im Firmenjet, während sich Kwek auf Geschäftsreisen nicht einmal von Bodyguards begleiten lässt und per Linie fliegt: „Singapore Airlines ist sicherer als ein Privatflieger.“ Und während Trump, Enkel eines mittellosen Einwanderers aus Deutschland, das Familienunternehmen vor allem durch die TV-Show „The Apprentice“ und später durch seine erfolgreiche Präsidentschaftskandidatur weltweit bekannt machte, legt Kwek wenig Wert auf Kameras und Scheinwerfer. In der Politik hat sich der Vorstandschef von M&C (Millennium & Copthorne) auch noch nicht versucht.
Soeben ist eine Biografie über Kwek, 82, erschienen. In „Strictly Business“ enthüllt der Sohn eines 1928 mit einem Quilt und einer Bastmatte aus China in die damalige britische Kolonie eingewanderten, ungebildeten Bauernsohns seine einstigen Machtkämpfe mit Trump, 77.
Dabei ging es um das ikonische Luxushotel Plaza in New York, in einer ersten Form erbaut 1883 und weltberühmt wegen seiner 25 Jahre später vollendeten Fassade im Stil der französischen Renaissance. Enrico Caruso, die Beatles, Lady Di und Mike Tyson logierten hier, und das Plaza wurde zur Szenerie für etliche Hollywood-Streifen, von Alfred Hitchcock („North by Nortwest“) über „Kevin allein zu Haus“ (Teil 2) bis zum „Great Gatsby“.
Für 407,5 Millionen US-Dollar kaufte Donald Trump 1988 das Plaza der nach dem Wall-Street-Crash des Vorjahrs ins Straucheln geratenen Westin-Group ab. Der Preis war zu hoch, auch Trumps (ohnehin regelmäßig überbewertetes) Imperium geriet in schwierige Gewässer, die Citibank als Trumps Kreditgeber übernahm faktisch die Edelherberge am Central Park. Die Banker suchten neue Käufer und fanden zwei Interessenten: Kwek und den saudischen Geschäftsmann und Prinzen Alwaleed bin Talal, die sich daraufhin zusammentaten.
Das schmeckte Trump gar nicht: Ihm drohte das Krownjuwel aus seinem Luxus-Portfolio gebrochen zu werden. Und das kam einer geschäftlichen Niederlage gleich. Also verabredete er sich mit Kwek in London, um ihn zu überzeugen, dass er als Vermarktungspartner an Bord bleiben dürfe. Alle in New York würden weiterhin, so sein Kalkül, Trump als dem Impressario des Plaza wahrnehmen, während der in den USA noch gänzlich unbekannte Kwek nicht weiter stören würde.
Kwek ließ sich vor dem Treffen mit Trump vom Citibank-Manager Shaukat Aziz drei Tipps geben, heißt es in seiner Biografie: „Trump ist wie ein verwundetes Tier. Verägern Sie ihn nicht zusätzlich.“ – „Trump bleibt in New York bestens verknüpft. Machen Sie ihn nicht zum Feind.“ Und: „Trump hat ein großes Ego. Lassen Sie ihn sein Gesicht wahren.“
Das Kennenlernen offenbarte die Gegensätzlichkeit der beiden Charaktere. Trump erwartete Kwek in der Lobby des Londoner Hotels und prahlte, er habe soeben „dem Supermodel Elle Macpherson ein Autogramm gegeben“. Kwek antwortete gänzlich unbeeindruckt: „Habe von ihr gehört.“ Später beschrieb er seinen Gesprächspartner so: „Er redet viel.“ Und er lehnte höflich das Angebot Trumps ab, als sein Partner das Hotel mitzubetreiben. Allenfalls bei der Vermarktung von Penthouse-Wohnungen in den obersten beiden Stockwerken bot er Trump eine gesichtswahrende Kooperation an – doch daraus wurde nie etwas. Ansonsten zog Kwek die Zusammenarbeit mit Alwaleed vor. „Du brauchst zwei asiatische Tiger, um mit Donald Trump fertigzuwerden“, sagte er, und Biograph Peh Shing Huei lobt: „Wie ein Kung-Fu-Meister neutralisierte er die Züge seines Gegenspielers.“
Ein Gegenspieler, der rasch wie ein Mobster aus einem schlechten Gangsterfilm aufzutreten begann. Trump akzeptiert Niederlagen nicht. Als sich die Manager von Kwek und Alwaleed in der Vanderbuild Suite des Plaza trafen, um die Details der künftigen Zusammenarbeit auszuhandeln, entschied sich Trump zu einem ungeheuerlichen Foulspiel: Er ließ in dem Raum eine falsche, extrem dünne Wand aus Rigips aufbauen und versteckt dahinter einen Spion, seinen engen Vertrauten Abraham Wallach, der die Verhandlungen belauschte. Zehn Tage verbrachte Wallach hinter der gefakten Wand. Als er hörte, dass die Geschäftsleute aus Singapur und Saudiarabien bei einer anderen Bank zur Abwicklung des Deals einen 100-Millionen-Dollar-Kredit aufnehmen wollte, rief er die selbe Bank an und bat ebenfalls um einen 100-Millionen-Dollar-Kredit für das Plaza. Verwirrung stiften, das war das Ziel von Trump. Eine echte Strategie war hinter dieser Aktion genauso wenig zu erkennen wie hinter einem von Trump veranlassten Notruf wegen eines angeblichen Brands im Plaza. Feuerwehrleute stürmten ins Hotel mit Rettungsbeilen und Schläuchen, das Gebäude wurde wegen des falschen Alarms evakuiert, die Unterhändler mussten für die verbleibenden Tage in ein anderes Hotel umziehen.
Verhindern konnte das die Einigung zwischen Kwek und Alwaleed nicht. Für 325 Millionen Dollar kauften sie 1995 der Citibank das Plaza ab, mehr als 82 Millionen Dollar unterhalb des Preises, den Trump sieben Jahre zuvor gezahlt hatte. Und was Trump später noch schlimmer getroffen haben dürfte: Die beiden Investoren veräußerten das Hotel weitere neun Jahre später, 2004, an das israelische Immobilienunternehmen El-Ad Properties für 675 Millionen Dollar, also für deutlich mehr als das Doppelte ihres damaligen Einkaufs.

Trumps bizarre Aktionen haben gleichwohl einen anhaltenden Eindruck auf Kwek gemacht. Die Intrigen und Schikanen des Konkurrenten trugen zum Ausstieg des Singapurers aus dem New Yorker Hotel bei. „Trumps Augen und Ohen waren immer noch in dem Hotel“, sagte er. „Ich war immer sehr vorsichtig, wenn ich mich in dem Hotel aufhielt.“ Ob er Angst hatte, abgehört zu werden, fragte ihn sein Biograph. „Wer weiß“, so Kweks Antwort. „Er ist niemand, mit dem ich Geschäfte machen möchte.“
Als Kwek 2017 aus anderen Gründen nach New York reiste, war er besorgt, die US-Einwanderungsbehörde könnte ihm bewusst Probleme bereiten wegen seiner vormaligen Zurückweisung Trumps, der inzwischen Präsident geworden war. Offenkundig war die Angst unbegründet. Aber sie zeigt, welche unrühmliche Reputation Donald Trump unter seinen Branchenkollegen hat und wie sich dieser üble Ruf allmählich gar auf die USA übertrug. Die Rache eines Regenten fürchtet man sonst eher in korrupten Diktaturen als in der ältesten Demokratie der Welt.


Übrigens: Trumps Vermögen wird aktuell auf 2,6 Milliarden US-Doller taxiert, das von Kwek auf 3,3 Milliarden. Der asiatische Tiger ist dem amerikanischen Mobster eindeutig überlegen.

QOSHE - Wie Trump den asiatischen Milliardär ausspionierte - Ansgar Graw
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Wie Trump den asiatischen Milliardär ausspionierte

3 0
11.12.2023

Artikel vom 11.12.2023

Der amerikanische Immobilientycoon ließ seinen Konkurrenten Kwek Leng Beng aus Singapur im New Yorker Plaza-Hotel abhorchen. Trotzdem konnte er den Asiaten nicht stoppen.

Beide sind Immobilien-Milliardäre, beide mit einem Fokus auf Hotels, beide die Nachfahren von Einwanderen – und doch können Unternehmerpersönlichkeiten kaum unterschiedlicher sein als Donald Trump in New York und Kwek Leng Beng in Singapur. Provozierendes Großmaul der eine, respektierter Workaholic der andere. Trump liebt den luxuriösen Auftritt und das Reisen mit riesigem Gefolge im Firmenjet, während sich Kwek auf Geschäftsreisen nicht einmal von Bodyguards begleiten lässt und per Linie fliegt: „Singapore Airlines ist sicherer als ein Privatflieger.“ Und während Trump, Enkel eines mittellosen Einwanderers aus Deutschland, das Familienunternehmen vor allem durch die TV-Show „The Apprentice“ und später durch seine erfolgreiche Präsidentschaftskandidatur weltweit bekannt machte, legt Kwek wenig Wert auf Kameras und Scheinwerfer. In der Politik hat sich der Vorstandschef von M&C (Millennium & Copthorne) auch noch nicht versucht.
Soeben ist eine Biografie über Kwek, 82, erschienen. In „Strictly Business“ enthüllt der Sohn eines 1928 mit einem Quilt und einer Bastmatte aus China in die damalige britische Kolonie eingewanderten, ungebildeten Bauernsohns seine einstigen Machtkämpfe mit Trump, 77.
Dabei ging es um das ikonische Luxushotel Plaza in New York, in einer ersten Form erbaut 1883 und weltberühmt wegen seiner 25 Jahre später vollendeten Fassade im Stil der französischen Renaissance. Enrico Caruso, die Beatles, Lady Di und Mike Tyson logierten hier, und das Plaza wurde zur Szenerie für etliche........

© The European


Get it on Google Play