Berlin. Der AfD-Politiker bekommt beste Sendezeit und Raum für seine Parolen. Er nutzt das wie erwartet, um sich bürgerlich reinzuwaschen.

Es ist mutig von Mario Voigt. Es ist auch riskant und hoch umstritten. Am Ende dürfte Thüringens CDU-Landeschef sogar sein vielleicht wichtigstes Ziel erreicht haben: Er ist bekannter geworden, nicht nur in seinem Bundesland, sondern in ganz Deutschland. Voigt hat im TV-Duell mit Thüringens AfD-Chef Björn Höcke seine eigene Personalie geboostert. Der Preis dafür war dennoch hoch.

Denn profitiert hat auch sein Konkurrent Höcke. Und das hat Auswirkungen, nicht nur für Thüringen. Höcke, der Rechtsaußen in der Rechtsaußen-Partei AfD, ein völkischer Nationalist, der gerichtsfest als Faschist bezeichnet werden darf, bekam beste Sendezeit für seine Parolen. Der TV-Schlagabtausch zwischen ihm und Voigt lief medial fast im Aufmerksamkeits-Ranking eines Kanzlerduells. Die Debatte kochte über, gerade weil die Risiken so hoch sind, einem Rechtsextremen mit dem Auftritt diese Bühne zu bieten.

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Der Umgang mit der AfD ist komplex, er lässt sich nicht in ein Talkshow-Format pressen, und schon gar nicht in gut einer Stunde Streitgespräch lösen. Die AfD auszugrenzen, bestärkt viele ihrer Mitglieder in ihrer Opferrolle, das „System“ und der „Mainstream“ behandele sie schlecht. Die AfD ist eine Neid-Partei. Und eine Ressentiment-Partei.

Sein völkisches Stammklientel ist Höcke ohnehin treu. Ihn in ein TV-Duell einzuladen, führt vor allem dazu, dass er neue Wählerschichten gewinnt und dass er seine Ideologie in ein bürgerliches Korsett kleiden kann. Im TV-Duell wurde das deutlich, als er den neurechten Kampfbegriff der „Remigration“ nur als Maßnahme für konsequentes Abschieben ausreisepflichtiger Ausländer tarnte. Als Höcke den „Holocaust als Schande“ bezeichnete, obwohl er in Parteireden eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert hat. Das ist nicht nur unglaubwürdig, hier wäscht sich ein Geschichtsrevisionist mit bürgerlicher Seife rein.

Apropos Geschichte: Am 11. April 1945 befreiten alliierte Soldaten die Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora in Thüringen. Gerne hätte man an diesem Tag der Menschen gedacht, die damals durch den deutschen Vernichtungswahn ums Leben kamen. Leider gab es dafür keinen Raum. Heute ging es nur um Höcke.

QOSHE - Warum das TV-Duell mit Höcke den Demokraten geschadet hat - Christian Unger
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Warum das TV-Duell mit Höcke den Demokraten geschadet hat

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12.04.2024

Berlin. Der AfD-Politiker bekommt beste Sendezeit und Raum für seine Parolen. Er nutzt das wie erwartet, um sich bürgerlich reinzuwaschen.

Es ist mutig von Mario Voigt. Es ist auch riskant und hoch umstritten. Am Ende dürfte Thüringens CDU-Landeschef sogar sein vielleicht wichtigstes Ziel erreicht haben: Er ist bekannter geworden, nicht nur in seinem Bundesland, sondern in ganz Deutschland. Voigt hat im TV-Duell mit Thüringens AfD-Chef Björn Höcke seine eigene Personalie geboostert. Der Preis dafür war dennoch hoch.

Denn profitiert hat auch sein Konkurrent Höcke. Und das........

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