Im Nahen Osten war 2023 ein furchtbares Jahr. Überall Krieg, Tote, Vernichtung. Und schon die ersten Tage im neuen Jahr lassen nicht vermuten, dass es besser wird. Im Gegenteil: Selten scheint der Begriff Pulverfass für den Nahen Osten passender.

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Umfrage

Denn der Konflikt scheint sich im wahrsten Sinne des Wortes explosionsartig in der Region auszuweiten. Gleich zwei mit Israel verfeindete Länder rücken in den Fokus. Im Libanon wird ein führender Hamas-Funktionär bei einem spektakulären Angriff in Beirut getötet.

Und gerade, als sich der Pulverdampf verzieht, machen Nachrichten von einem verheerenden Anschlag im iranischen Kerman die Runde, bei dem bis zu 100 Menschen um Leben gekommen sind. Auch wenn es keine Verbindung der Ereignisse gibt: Sie erzeugen neues Eskalationspotenzial. Dass die Gefahr eines Ausbreitens der Kriegsfront die Debatten dominiert − es ist kein Wunder. Doch im Moment ist eine Ausweitung nicht in Sicht. Die Tötung von Hamas-Führer Saleh al-Aruri mitten in Beirut, die Israels Handschrift trägt, bugsiert den Konflikt tief in den Libanon hinein. Israel hat ein großes Interesse daran, zu zeigen, dass Hamas auch auf ihrem Außenposten im Ausland nicht mehr sicher ist.

Die offenkundig von Israel durchgeführte Aktion fordert aber auch die dort dominante Hisbollah heraus, die von Iran unterstützt wird und von ihrem propagierten und gelebtem Antisemitismus lebt. Israel setzt trotz allem offenbar darauf, dass es keine scharfe Reaktion von Hisbollah geben wird. Denn starke Zerstörungen durch die israelische Armee, die die Folge wären, kann der am Boden liegende Staat Libanon gerade nicht verkraften. Netanjahu wiederum hat ein großes Interesse daran zu zeigen, wie konsequent er seine Pläne umsetzt: Er hatte die Jagd auf führende Hamas-Kader angekündigt. Und er macht damit ernst.

Newsblog: Gaza-Krieg

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Terrormiliz IS reklamiert Anschlag im Iran für sich

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat den Anschlag in der iranischen Stadt Kerman mit mehr als 80 Toten für sich reklamiert. Das erklärte die Gruppe über ihre Propaganda-Kanäle.

Der Tod von Al-Aruri soll eine deutliche Warnung an die Hamas und ihre Geldgeber im Iran sein. Klar ist auch: Der Preis dafür ist hoch. Der Tod des Funktionärs ist ein schwerer Verlust, aber ob Hamas dadurch wirklich dauerhaft geschwächt wird, ist fraglich. Die Terrormiliz konnte ihre Ausfälle bisher über kurz oder lang ausgleichen. Dass nun die Chancen sinken, rasch weitere Freilassungen von Geiseln zu erzielen, nimmt Israel offenbar in Kauf.

Zum Iran: Eine direkte Verbindung zwischen dem Anschlag und dem Gazakrieg ist offenkundig nicht vorhanden. Die Terrormiliz IS hat sich bekannt, die die schiitische Mehrheit im Iran verachtet. Es zeigt trotz allem die Fragilität und das Aggressionspotenzial in der Region. Iraner, die jetzt schon enttäuscht von ihrer Regierung waren, werden noch enttäuschter sein, dass ihr Staat nicht für Sicherheit sorgen kann. Kein Wunder, dass Teheraner Kreise gerne Israel die Tat in die Schuhe schieben wollten − und damit die Stimmung weiter anheizen.

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Israelfeindliche Parolen überschreiten rote Linie

Münster

Das Demonstrationsgeschehen am Samstag in Münster blieb friedlich. Aber es offenbarte, dass selbst legitime Anliegen nicht rechtfertigen, an der Seite von Extremisten zu marschieren, meint unser Kommentator.

Von Nils Dietrich

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Wird das neue Jahr im Nahen Osten noch gewaltsamer?

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05.01.2024

Im Nahen Osten war 2023 ein furchtbares Jahr. Überall Krieg, Tote, Vernichtung. Und schon die ersten Tage im neuen Jahr lassen nicht vermuten, dass es besser wird. Im Gegenteil: Selten scheint der Begriff Pulverfass für den Nahen Osten passender.

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Denn der Konflikt scheint sich im wahrsten Sinne des Wortes explosionsartig in der Region auszuweiten. Gleich zwei mit Israel verfeindete Länder rücken in den Fokus. Im Libanon wird ein führender Hamas-Funktionär bei einem spektakulären Angriff in Beirut getötet.

Und gerade, als sich der Pulverdampf verzieht, machen Nachrichten von einem verheerenden Anschlag im iranischen Kerman die Runde, bei dem bis zu 100 Menschen um Leben gekommen sind. Auch wenn es keine Verbindung der Ereignisse gibt: Sie erzeugen neues Eskalationspotenzial. Dass die Gefahr eines Ausbreitens der Kriegsfront die........

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