Das Klima zu retten, kostet Geld. Viel Geld. Unsere Wirtschaft muss dafür komplett umgekrempelt werden. Allein um die Umwelt- und Klimaziele des europäischen Green Deal zu verwirklichen, müssen in den nächsten Jahren Investitionen in Höhe von mindestens einer Billion Euro mobilisiert werden. Die EU will das schaffen, indem auch private Anleger:innen ihr Vermögen nachhaltig anlegen.

Von Vermögen ist mein bescheiden angespartes Geld weit entfernt. Es liegt auf dem Konto und verliert dort zu allem Überfluss täglich an Wert. Das liegt an der hohen Inflation und den niedrigen Sparzinsen.
Ich begebe mich also auf die Suche nach einer besseren Rendite, will mein Geld aber nur Unternehmen zur Verfügung stellen, die ökologisch und sozial verantwortungsbewusst wirtschaften. Ich will Teil des Green Deal sein. Das ist aber gar nicht so einfach.

Nach ausführlicher Recherche im Internet zum Thema traue ich mir keinen Alleingang zu. Egal wie viele Informationen ich sammle, ich habe ständig das Gefühl, nicht genug zu wissen, um eine Entscheidung treffen zu können. Doch sämtliche „Finfluencer“ raten von Beratung ab: Banken verdienen gern selbst Geld mit ihren eigenen Produkten. Ich buche trotzdem einen Beratungstermin bei der Bank, bei der ich auch mein Girokonto habe. Ich will wissen, was meine Bank an Beratung und Produkten zu bieten hat.

Der Berater ist freundlich. Er fragt, ob ich zum Thema allgemein Vorwissen habe. Ich beantworte das mit „ein wenig“. Er erklärt mir kurz Grundsätzliches zu Aktien und Anleihen. Ich habe das Gefühl, er betet einen Standard-Text mit Standard-Beispielen herunter. Ich erkläre ihm, dass ich langfristig nachhaltig Geld anlegen möchte. Und mit nachhaltig meine ich konkret, dass die Unternehmen, die ich unterstütze, einen positiven Effekt auf Mensch und Umwelt haben. Ich will kein Greenwashing-Produkt. „Da kann ich Ihnen, wenn ich ganz ehrlich bin, zum aktuellen Zeitpunkt nichts anbieten.“

Das klingt verwirrend. Und das ist es auch. Ich spreche mit dem Nachhaltigkeits-Experten Klaus Gabriel. Die Nachhaltigkeit börsennotierter Unternehmen wird meist nach ESG-Kriterien (Environmental Social Governance) bewertet. Bei dieser sogenannten Inside-Out-Perspektive wird geschaut, welche Auswirkungen Nachhaltigkeitsentwicklungen auf die Gewinnsituation der Unternehmen haben. Die meisten Menschen – ich selbst bisher auch – glauben aber, bei der Bewertung von Nachhaltigkeit wird überprüft, welche Auswirkungen das Unternehmen auf Gesellschaft und Umwelt hat (Outside-In-Perspektive). Ein Irrglaube, wie ich jetzt weiß.

In grünen Fonds scheinen daher oft Unternehmen auf, die mit dem Thema Nachhaltigkeit so gar nichts zu tun haben. Wie zum Beispiel British Tobacco oder Coca-Cola. 2021 waren diese Unternehmen in den Top 5 der ESG-Unternehmen an der Londoner Börse gelistet. „Große Unternehmen können mit großen Rechtsabteilungen und tollen Marketing-Kampagnen Risiken, die sich aus Nachhaltigkeitsentwicklungen ergeben, gut managen“, erklärt Gabriel. So wird man also zum Nachhaltigkeits-Sieger.

Im Anlegerprofil, das wir in der Bank gemeinsam ausfüllen, werden Daten zu meiner Person abgefragt. Ebenso meine Risikobereitschaft und die Länge und der Zweck der Anlage. Meine Nachhaltigkeitspräferenzen werden ebenfalls abgefragt. Hier sagt mir der Berater allerdings, ich solle besser angeben, keine zu haben, da sich sonst das Angebot stark verkleinern würde.

Letztendlich hat mein Anlageberater doch ein Produkt für mich. Mit der klaren Ansage, dass dies keine Empfehlung ist. Lediglich ein Angebot, das am ehesten meinen Präferenzen entspricht. Der Amundi Ethik Fonds Evolution. Am Computer zeigt er mir, dass der Fonds mit dem Österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet wurde. Ich sehe hier auch auf einen Blick, welche Titel von der Veranlagung ausgeschlossen sind. Meist sind das Glücksspiel, Alkohol, Tabak und Rüstungsindustrie. Würde ich sagen, ich finde Alkohol in Ordnung, könnte ich das hier nicht verändern. Eine eigene sogenannte Blacklist könnte ich in einem Depot, das ich selbst eröffne und verwalte, individuell zusammenstellen.

Wie bei Produkten im Supermarkt gibt es auch im Finanzbereich Gütesiegel, die garantieren sollen, dass das drin ist, was draufsteht. In Österreich ist das das Umweltzeichen 49, in Deutschland das sogenannte FNG-Siegel. Laut Klaus Gabriel bieten diese Siegel eine erste Möglichkeit, nachhaltige von nicht-nachhaltigen Finanzprodukten zu unterscheiden. „Da wird geprüft, ob hinter der Behauptung ,nachhaltig’ wirklich eine nachhaltige Praxis steht und diese qualitativ hochwertig umgesetzt wird“, sagt Gabriel, der selbst Gutachter für dieses Siegel ist. Laut dem Nachhaltigkeitsexperten kann ich mit dieser Auszeichnung schon einmal sicher sein, dass es sich um kein „Greenwashing“ handelt.

Ich schaue mir das Produkt der Bank genauer an. Der Fonds ist gemischt, das heißt, er besteht aus Aktien und Anlagen und ist weltweit ausgerichtet. Das mindert das Risiko. Meist werden in der Informationsbroschüre die Top-10-Werte im Fonds ausgewiesen (was sich aber ständig ändern kann). Darunter befinden sich große Unternehmen aus den Bereichen Photovoltaik, Wasseraufbereitung und Recycling. Das klingt nachhaltig. Tech-Riesen wie Microsoft, Salesforce (Cloudcomputing) oder der Chiphersteller Nvidia allerdings weniger. Was der US-Baumarktkonzern Home Depot mit Klimarettung zu tun hat, ist mir auch nicht klar. Aber da sind wir eben wieder in der Inside-Out-Perspektive.

Das Thema stecke eben noch in den Kinderschuhen, sagt mein Bankberater. Es entwickle sich stetig weiter. Es sei trotzdem sinnvoll, in nachhaltige Finanzprodukte zu investieren, meint er, da die zunehmende Nachfrage die Unternehmen und den Finanzmarkt in die richtige Richtung stupsen würde. Der Druck zu Transparenz und Berichtspflicht bewirke etwas, sagt auch der Wirtschaftsethiker Gabriel. „Wir können tatsächlich einen Beitrag dazu leisten, die Wirtschaft in eine Richtung zu entwickeln, die nachhaltiger und gerechter ist.“

Ich gehe mit meinem ausgedruckten Anlegerprofil, den Informationsblättern des Ethikfonds und einer Visitenkarte nach Hause. Das Gefühl, nicht bereit für eine Entscheidung zu sein, bin ich nicht losgeworden.

Es gibt zahlreiche Plattformen, die ich auf der Suche nach Informationen durchstöbere. Kann ich es nicht doch allein schaffen, wie Madame Moneypenny? Ihre Podcasts und Social-Media-Posts sind interessant und nützlich. Das Angebot richtet sich speziell an Frauen. Um in die Community und zu einer Beratung zu kommen, muss ich allerdings zum einen in Deutschland wohnen und zum anderen einen ordentlichen Geldbetrag bezahlen. Ecobono bietet Anfänger:innen Seminare schon um 53 Euro an. Das sind aber nur voraufgezeichnete Videos. Außerdem finden sich im Team und bei den Kundenbewertungen nur Männer.
Bei der unabhängigen Informationsplattform meinfairmögen gibt es keine Produkte zu kaufen, aber man kann sich durch die Website scrollen, Videos anschauen und mit einem Quiz sein Wissen testen, um besser vorbereitet in ein Beratungsgespräch zu gehen.

Ich stoße bei der Recherche auf Moneycare, ein österreichisches Startup. Katharina Herzog hat es mitbegründet. Auch sie rät dazu, selbst zu recherchieren. Moneycare ist eine Plattform für nachhaltiges Investieren ohne Greenwashing. Sie richtet sich primär an Millennials, aber grundsätzlich sind alle Investment-Anfänger:innen jeden Alters angesprochen, mitzumachen und sich zu informieren.

Die Grundidee von nachhaltigem Investieren ist, eine aktive Rolle einzunehmen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und „mit dem Geld die eigene Stimme zu erheben“, sagt Herzog. Auch sie kritisiert die Nachhaltigkeitsbewertung durch die Risikobrille, also die erwähnte Inside-Out-Perspektive. Mit Moneycare wollen die jungen Gründer:innen das anders machen. „Bei uns kann man selbst recherchieren und wir messen die Unternehmen an Nachhaltigkeitskriterien, die für alle gleich sind.“ Als Maßstab werden die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN herangezogen. Hier spielen auch soziale Faktoren wie Geschlechtergleichstellung oder Armutsbekämpfung eine Rolle. Es soll der nötige Kontext geliefert werden, um sämtliche Informationen einordnen zu können. Mittels KI wertet die Plattform Nachhaltigkeitsberichte aus und stellt die Daten gratis und transparent zur Verfügung. Geld will das Startup mit Bildungsangeboten und einem Investment Feature auf der Plattform verdienen. Moneycare ist also auch eine Community, die sich austauscht und weiterbildet. Für 149 Euro soll man in vier Wochen lernen, wie man nachhaltig in Aktien und ETFs investiert, die zu den eigenen Werten passen.

Aber das Startup steht erst am Anfang. 200 Unternehmen hat die Plattform ausgewertet. Ich gebe testweise Microsoft ein, das Unternehmen steht bei vielen – auch nachhaltigen – Fonds ganz oben. Hierzu hat Moneycare aber noch keine Daten gesammelt. Ich schaue mir die gelisteten Unternehmen in den USA an. Intel führt in Sachen Nachhaltigkeit. Das Tech-Unternehmen hat einen Impact-Score von 67 Prozent. In Sachen Gender und Klima schneidet das Unternehmen recht gut ab, beim Thema Gesellschaft weniger. Alles Wissenswerte ist einsehbar, zum Beispiel, ob die Mitarbeiter:innen bezahlte Elternkarenz machen können oder es die Möglichkeit für Pflegeurlaub für Angehörige gibt. Sämtliche Berichte des Unternehmens sind als Quellen aufgeführt. Der Einblick ist aufschlussreich. Viele gute Informationen auf einen Blick. Aktien von einzelnen Unternehmen zu kaufen, kommt für mich aber nicht in Frage. Für mich bedeutet das ein viel zu hohes Risiko und einen viel zu großen Aufwand. Ich will künftig nicht ständig Kurse beobachten und viel Zeit in das Managen meiner Anlagen stecken. Aber für die Zusammenstellung einer Blacklist bietet die Plattform hilfreiche Informationen.

Ich gehe schließlich zu einem privaten Finanz-Dienstleister, der neben Vermögensberatung auch in Sachen Versicherung und Finanzierung berät. Private Dienstleister:innen haben meist Kooperationen mit Versicherungen und Banken und bekommen durch die große Anzahl an Kund:innen einen besseren Preis. So kann eine Agentur auch aus viel mehr Produkten auswählen als etwa eine Bank. Natürlich aber gern von Partnerunternehmen. „Das ist ja auch ein Vorteil, wenn eine Stelle Erfahrungswerte mit Anbietern hat“, denke ich mir, „so falle ich im Alleingang nicht auf die Schnauze.“ Andererseits bekomme ich Beratung und Betreuung und das kostet schließlich auch etwas.

Bevor mir ein Produkt angeboten wird, habe ich mehrere kostenlose Termine mit meiner Beraterin. Hier geht es grundsätzlich um meine Lebensplanung und wie diese finanziell am besten begleitet wird. Habe ich bereits einen Notgroschen angelegt? Wie lang werde ich noch arbeiten? Habe ich Pläne, mich selbstständig zu machen? Habe ich vor, eine Wohnung zu kaufen? Das Profil, das von mir erstellt wird und meine Bedürfnisse, Pläne und Werte berücksichtigt, geht hier viel mehr in die Tiefe als bei der Bank. Ich kann auch einsehen, welche Weiterbildungen meine Beraterin zum Thema hat. Sie wird von der Agentur stetig dazu angehalten, auf dem neuesten Stand zu sein. Bei der Bank weiß ich das nicht.

Ich will zum einen langfristig Geld anlegen, um meine wahrscheinlich eher mickrige Pension aufzubessern. Andererseits will ich einen Spartopf haben, der eine kürzere Laufzeit hat und auf den ich in fünf bis zehn Jahren zugreifen kann. Meine Beraterin rät mir zu einer fondsgebundenen Lebensversicherung. Die hat eine recht lange Laufzeit von 15 bis 25 Jahren. Hier fließt monatlich ein Fixbetrag hinein, den ich jederzeit anpassen kann. Unter 50 Euro im Monat lohnt sich das aber bei den Gebühren nicht. Der Vorteil: Ich muss nicht 27,5 Prozent KESt (Steuersatz auf Einkünfte aus Kapitalvermögen), sondern nur vier Prozent Versicherungssteuer zahlen. Allerdings muss mir klar sein, dass es nachteilig ist, die Versicherung zu früh aufzulösen. Außerdem bekomme ich Angebote zu nachhaltigen Fonds für die Eröffnung eines Wertpapierdepots. Das Ganze ist teurer als die fondsgebundene Versicherung, aber viel flexibler. Auch hier lege ich einen monatlichen Betrag fest, mit dem ich immer wieder Anteile kaufe. Ich kann jederzeit den Betrag erhöhen oder reduzieren, je nach Lebenssituation. Ich könnte in ein paar Jahren auch ein paar tausend Euro herausnehmen, falls ich doch Geld brauche.

Einmal im Jahr ist ein Gespräch mit meiner Beraterin geplant, um zu schauen, ob ich etwas brauche oder nicht mehr brauche. Ich kann sie sonst aber auch immer erreichen. Die Agentur verschickt außerdem einen Newsletter und lädt ihre Kund:innen zu Vorträgen mit Expert:innen ein, die über den Finanzmarkt aufklären.

Mir ist klar geworden, dass ich es mir nicht leisten will und kann, nicht Teil des Finanzsystems zu sein. Und ich will eine möglichst konstruktive Rolle einnehmen. Lasse ich mein Geld einfach am Konto bei der Bank, überlasse ich es dieser, damit am Finanzmarkt zu machen, was sie für richtig hält. Nach meinen Werten fragt da niemand.
Ob man sich nun Beratung in der Bank, bei selbstständigen Finanzberater:innen oder bei Finfluencern holt, die Entscheidung, worin man sein Geld investiert, wird einem nirgendwo abgenommen. Fakt ist, dass, je mehr Menschen nachhaltige Produkte nachfragen, Finanzdienstleister:innen stärker gefordert sind, entsprechende Beratungsleistung zu liefern. Und das wiederum bringt Unternehmen unter Druck, ihre Bemühungen voranzutreiben und transparent zu machen. Der Bereich nachhaltige Investments bei Banken wächst seit Jahren.
Allerdings kann ich nicht erwarten, mit nachhaltigen Investments die Welt zu retten. Bei Anbieter:innen, die das versprechen, sollte sofort der Greenwashing-Alarm losgehen. Die Finanzwirtschaft hat einen besonderen Hebel, um Transformation zu ermöglichen – allein schon deshalb, weil am Anfang von Wertschöpfungsketten oft die Finanzierung steht. „Aber sie macht das nur, weil es – zusätzlich zu einer Imageverbesserung – profitabel ist“, gibt Gabriel zu bedenken. Und den Rahmen für dieses Geschäftsmodell muss die Politik liefern. Da besteht auch noch Luft nach oben.

Ich entscheide mich schließlich für eine fondsgebundene Lebensversicherung und für Fondssparen in einen nachhaltigen Fonds in einem Wertpapierdepot. Bin ich zu 100 Prozent zufrieden? Nein, mein Geld fließt auch zu Unternehmen, die ich nicht als Vorreiter in der Rettung unserer Gesellschaft sehe. Es ist ein Kompromiss, den ich besser finde als nichts zu tun. Für meine eigenen Finanzen, aber auch für die Veränderung unseres Wirtschaftens. Und es ist der Beginn, mich mit meinen Finanzen und dem Finanzmarkt auseinanderzusetzen, weiter zu lernen und Verantwortung zu übernehmen.

QOSHE - Nachhaltig investieren – ein Selbstversuch - Anja Stegmaier
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Nachhaltig investieren – ein Selbstversuch

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08.03.2024

Das Klima zu retten, kostet Geld. Viel Geld. Unsere Wirtschaft muss dafür komplett umgekrempelt werden. Allein um die Umwelt- und Klimaziele des europäischen Green Deal zu verwirklichen, müssen in den nächsten Jahren Investitionen in Höhe von mindestens einer Billion Euro mobilisiert werden. Die EU will das schaffen, indem auch private Anleger:innen ihr Vermögen nachhaltig anlegen.

Von Vermögen ist mein bescheiden angespartes Geld weit entfernt. Es liegt auf dem Konto und verliert dort zu allem Überfluss täglich an Wert. Das liegt an der hohen Inflation und den niedrigen Sparzinsen.
Ich begebe mich also auf die Suche nach einer besseren Rendite, will mein Geld aber nur Unternehmen zur Verfügung stellen, die ökologisch und sozial verantwortungsbewusst wirtschaften. Ich will Teil des Green Deal sein. Das ist aber gar nicht so einfach.

Nach ausführlicher Recherche im Internet zum Thema traue ich mir keinen Alleingang zu. Egal wie viele Informationen ich sammle, ich habe ständig das Gefühl, nicht genug zu wissen, um eine Entscheidung treffen zu können. Doch sämtliche „Finfluencer“ raten von Beratung ab: Banken verdienen gern selbst Geld mit ihren eigenen Produkten. Ich buche trotzdem einen Beratungstermin bei der Bank, bei der ich auch mein Girokonto habe. Ich will wissen, was meine Bank an Beratung und Produkten zu bieten hat.

Der Berater ist freundlich. Er fragt, ob ich zum Thema allgemein Vorwissen habe. Ich beantworte das mit „ein wenig“. Er erklärt mir kurz Grundsätzliches zu Aktien und Anleihen. Ich habe das Gefühl, er betet einen Standard-Text mit Standard-Beispielen herunter. Ich erkläre ihm, dass ich langfristig nachhaltig Geld anlegen möchte. Und mit nachhaltig meine ich konkret, dass die Unternehmen, die ich unterstütze, einen positiven Effekt auf Mensch und Umwelt haben. Ich will kein Greenwashing-Produkt. „Da kann ich Ihnen, wenn ich ganz ehrlich bin, zum aktuellen Zeitpunkt nichts anbieten.“

Das klingt verwirrend. Und das ist es auch. Ich spreche mit dem Nachhaltigkeits-Experten Klaus Gabriel. Die Nachhaltigkeit börsennotierter Unternehmen wird meist nach ESG-Kriterien (Environmental Social Governance) bewertet. Bei dieser sogenannten Inside-Out-Perspektive wird geschaut, welche Auswirkungen Nachhaltigkeitsentwicklungen auf die Gewinnsituation der Unternehmen haben. Die meisten Menschen – ich selbst bisher auch – glauben aber, bei der Bewertung von Nachhaltigkeit wird überprüft, welche Auswirkungen das Unternehmen auf Gesellschaft und Umwelt hat (Outside-In-Perspektive). Ein Irrglaube, wie ich jetzt weiß.

In grünen Fonds scheinen daher oft Unternehmen auf, die mit dem Thema Nachhaltigkeit so gar nichts zu tun haben. Wie zum Beispiel British Tobacco oder Coca-Cola. 2021 waren diese Unternehmen in den Top 5 der ESG-Unternehmen an der Londoner Börse gelistet. „Große Unternehmen können mit großen Rechtsabteilungen und tollen Marketing-Kampagnen Risiken, die sich aus Nachhaltigkeitsentwicklungen ergeben, gut managen“, erklärt Gabriel. So wird man also zum Nachhaltigkeits-Sieger.

Im Anlegerprofil, das wir in der Bank gemeinsam ausfüllen, werden Daten zu meiner Person abgefragt. Ebenso meine Risikobereitschaft und die Länge und der Zweck der Anlage. Meine Nachhaltigkeitspräferenzen werden ebenfalls abgefragt. Hier sagt mir der Berater allerdings, ich solle besser angeben, keine zu haben, da sich sonst das Angebot stark verkleinern würde.

Letztendlich hat mein Anlageberater doch ein Produkt für mich. Mit der klaren Ansage, dass dies keine Empfehlung ist. Lediglich ein Angebot, das am ehesten meinen Präferenzen entspricht. Der Amundi Ethik Fonds Evolution. Am Computer........

© Wiener Zeitung


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