Die Rechtsaußenpartei zu ignorieren und ansonsten gewähren zu lassen, hat sich als untaugliches Rezept erwiesen. CSU, Freie Wähler, Grüne und SPD zeigen sich einig.

Es ist, wenn es mal wieder darauf ankommt, oft gar nicht so einfach, CSU und SPD, Freie Wähler und Grüne für eine gemeinsame Erklärung unter einen Hut zu bringen. Nicht jede Politikerin ist so couragiert wie Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber und legt sich – obwohl selbst CSU-Mitglied – bei einer Protestveranstaltung von SPD und Grünen gegen die AfD ins Zeug. Und nicht jeder Politiker ist so unabhängig und selbstbewusst wie der frühere Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), der sich nach der grandiosen Demonstration gegen rechts am Wochenende in München nicht scheute, vor linken Sektierern zu warnen, die sich dort als lautstarke Minderheit bemerkbar gemacht hatten. Aber vielleicht tun sich Kommunalpolitiker durch ihre größere Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern auch leichter damit, das Große und Ganze über die reine Parteipolitik zu stellen.

Im Landtag haben das an diesem Mittwoch nach einigem Hin und Her auch die demokratischen Parteien geschafft. CSU, Freie Wähler, Grüne und SPD verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung „jedwede Bestrebung, die Demokratie in Bayern und die Organe unserer bayerischen Demokratie gezielt zu schwächen, zu schädigen und zu delegitimieren.“

Hintergrund des Beschlusses ist der im Nachhinein bekannt gewordene, aber letztlich gescheiterte Versuch von AfD-Fraktionsvize Martin Böhm, eine Verhaftung seines jungen Kollegen Daniel Halemba im Landtag zu inszenieren. Gegen den neu gewählten Würzburger AfD-Abgeordneten lag zum Auftakt der Legislaturperiode ein Haftbefehl vor, weil wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen ihn ermittelt wurde und der Haftrichter Fluchtgefahr sah.

Böhm nannte es, wie er selbst einräumte, ein „legitimes politisches Ziel“, durch eine inszenierte Verhaftung Halembas im Maximilianeum den Landtag und dessen Präsidentin Ilse Aigner (CSU) öffentlich zu diskreditieren.

Es ist gut möglich, dass die gemeinsame Erklärung der demokratischen Fraktionen einen Wendepunkt im Umgang mit der in immer weiteren Teilen rechtsextremistischen AfD im Landtag markiert. In der vergangenen Legislatur wurde die Rechtsaußenpartei als unvermeidliches Übel hingenommen und – abgesehen von einigen kleineren Scharmützeln – weitgehend ignoriert. Ernsthaft mitarbeiten in der Landespolitik wollten ohnehin nur die Gemäßigten in der AfD-Fraktion, die von der neuen Fraktionsführung mittlerweile weitgehend kaltgestellt sind.

Die Mehrheit der AfD-Abgeordneten kassiert Diäten, ohne eine nennenswerte Leistung vorweisen zu können, die über die Anwesenheit bei den Sitzungen, einige absurde Anträge und teils wirres, teils völkisches Gerede hinausgeht. Das liegt – da sollte man sich nichts vormachen lassen – in der Natur der Sache. Wer einen anderen Staat will, darf nichts dafür tun, dass dieser Staat funktioniert, und muss – siehe die versuchte Inszenierung einer Verhaftung – alles daran setzen, den Staat und seine Verfassungsorgane schlecht aussehen zu lassen.

Jetzt haben die Demokraten im Landtag ein Zeichen gegen die AfD gesetzt. Der Zeitpunkt zum Auftakt der neuen Legislaturperiode ist, wenn auch befördert durch die Causa Böhm/Halemba, gut gewählt. Extremisten zu ignorieren und ansonsten gewähren zu lassen, hat sich als untaugliches Rezept erwiesen. Es geht darum, den Unterschied vorzuleben zwischen freiem Wettbewerb der Meinungen und antidemokratischer Hetze.

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Die Demokraten im Landtag setzen Zeichen gegen die AfD

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24.01.2024

Die Rechtsaußenpartei zu ignorieren und ansonsten gewähren zu lassen, hat sich als untaugliches Rezept erwiesen. CSU, Freie Wähler, Grüne und SPD zeigen sich einig.

Es ist, wenn es mal wieder darauf ankommt, oft gar nicht so einfach, CSU und SPD, Freie Wähler und Grüne für eine gemeinsame Erklärung unter einen Hut zu bringen. Nicht jede Politikerin ist so couragiert wie Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber und legt sich – obwohl selbst CSU-Mitglied – bei einer Protestveranstaltung von SPD und Grünen gegen die AfD ins Zeug. Und nicht jeder Politiker ist so unabhängig und selbstbewusst wie der frühere Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), der sich nach der grandiosen Demonstration gegen rechts am Wochenende in München nicht scheute, vor linken Sektierern zu warnen, die sich dort als lautstarke Minderheit bemerkbar gemacht hatten. Aber vielleicht tun sich Kommunalpolitiker durch ihre größere Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern auch leichter damit, das Große und Ganze über die reine Parteipolitik zu stellen.

Im Landtag haben das an diesem Mittwoch nach........

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